Der Staatsminister im Auswärtigen Amt Michael Roth
fordert, Stand zu halten gegen populistische Bestrebungen in einigen Ländern der EU.

Korrespondenten: Markus Grabitz (mgr)

Brüssel - Die EU sucht nach Einigkeit, doch driftet zugleich auseinander.

 
Herr Roth, erleben wir von den nationalkonservativen Regierungen in Polen und Ungarn den Umbau von liberalen Demokratien in autoritäre Staaten?
Ich sehe in ganz Europa massive Tendenzen hin zu Nationalismus und Populismus. Das Modell unserer europäischen Werte steht unter Druck. So gibt es leider in einer Reihe von Staaten Auseinandersetzungen über die Bedeutung von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Freiheit der Medien und die Unabhängigkeit der Justiz. Es ist deshalb gut, dass die EU und ihre Institutionen sich dieser Fragen entschieden annehmen. Die Kommission als Hüterin der Verträge nimmt eine wichtige Rolle ein und hat nunmehr bereits Untersuchungen und Verfahren eingeleitet. Dieser sogenannte Rechtsstaatsmechanismus ist bei der Kommission in guten Händen. Auch der Ministerrat geht Fragen der Rechtsstaatlichkeit in allen Mitgliedstaaten regelmäßig nach. Dafür habe ich mich gemeinsam mit anderen Staaten mit Erfolg stark gemacht.
Warum so zurückhaltend?
Für allzu große Zurückhaltung in Sachen Grundwerte bin ich nun gerade nicht bekannt. Es gibt Entscheidungen in manchen EU-Mitgliedstaaten, die mich wie viele andere auch befremden. Als Mitglied der EU muss jedes Land bereit sein, auch Kritik zu ertragen und anzunehmen. Deshalb sage ich klar: Der Satz, „Wir nehmen keine muslimischen Flüchtlinge auf, weil wir ein christliches Land sind“ – ist nicht mit den EU-Verträgen in Einklang zu bringen. Als Partner in der EU suchen wir immer aktiv nach einer Verständigung.