Exklusiv Aldi-Mitbegründer Karl Albrecht ist so abgetreten, wie er gelebt hat: still und leise. Roland Alter von der Hochschule Heilbronn würdigt im Gespräch mit der StZ die Verdienste der Brüder Albrecht. Der Handelsfachmann hinterfragt aber auch die Intransparenz bei Aldi.

Stuttgart - Aldi-Mitbegründer Karl Albrecht ist so abgetreten, wie er gelebt hat: still und leise. Roland Alter von der Hochschule Heilbronn würdigt im Gespräch mit der StZ die Verdienste der Brüder Albrecht. Der Handelsfachmann hinterfragt aber auch die Intransparenz bei Aldi. Alter kennt sich mit verschwiegenen Unternehmern aus. Er ist Autor des Buches „Schlecker oder: Geiz ist dumm: Aufstieg und Absturz eines Milliardärs“.
Herr Alter, Karl Albrechts ist tot, sein Bruder Theo ist schon vor vier Jahren gestorben. Was bleibt von den beiden in Erinnerung, außer, dass sie lange Zeit als die beiden reichsten Deutschen galten?
Professor Roland Alter von der Hochschule Heilbronn. Foto: StZ
Sie waren Discount-Pioniere und sind ein Stück deutsche Wirtschaftsgeschichte. Aldi steht heute weltweit für typisch deutsches Einkaufen. Die Einführung des Discount-Modells Anfang der 60er Jahre war für diese Zeit bahnbrechend. Auf überflüssigen Schnickschnack wurde konsequent verzichtet, das Modell basiert auf drei Komponenten – bedarfsgerechtes Sortiment, attraktive Preise und gute Standorte. Das ist ein Stück Konsumdemokratie. Das Prinzip wurde zwar oft kopiert, aber Aldi gibt dabei nach wie vor den Ton an. Andere können maximal auf das gleiche Niveau kommen.
Was bedeutet Albrechts Tod für das Unternehmen Aldi Süd?
Ich erwarte keine unmittelbaren Veränderungen. Karl Albrecht hatte die Zügel längst nicht mehr in den Händen, sondern sie teils an Familienmitglieder, teils an Manager von außen abgegeben. Da das Unternehmen seit vielen Jahren stabil geführt wird, gehe ich davon aus, dass Strukturen gefunden wurden, von denen beide Gruppen profitieren. Ein bisschen von der früheren Innovationskraft scheint mir allerdings verloren gegangen zu sein. Denken sie nur an die geniale Idee, übergroße Strichcodes auf die Packungen zu drucken, damit die Kassiererinnen die Artikel leichter scannen können.
Sie haben sich eingehend mit dem Niedergang von Schlecker beschäftigt, darüber sogar ein Buch geschrieben; Schlecker ist auch ein Teil der deutschen Wirtschaftsgeschichte – auch ein intransparentes Unternehmen. Wieso funktioniert das Prinzip Aldi?
Es funktioniert nicht wegen, sondern trotz der Verschlossenheit der Eigentümerfamilie. Andere Erfolgsfaktoren sind so stark, dass sie ein unzeitgemäßes Auftreten kompensieren. So lange die Zahlen stimmen, bleibt alles ruhig. Erst in wirtschaftlichen Schwächephasen werden Probleme öffentlich und führen zu Vertrauensverlusten bei den Kunden. Intransparenz kann dann zu einer echten Hypothek werden.
Aldi hat die Verschlossenheit in der Firmen-DNA. Woran wird das besonders deutlich?
Es ist nicht zu durchschauen, welche Führungsentscheidungen von wem getroffen werden. Gleiches gilt für die Aktivitäten der Stiftungen. Vielleicht tut man ja sogar Gutes, aber es spricht eben niemand darüber.