Fair gehandelte Kleidung muss nicht teuer und langweilig sein. In Stuttgart bieten inzwischen zahlreiche Labels und Geschäfte moderne Mode an, die ökologisch und sozial korrekten Standards entspricht.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

Stuttgart - Faire und ökologische Kleidung hat längst nicht mehr das Müsli-Image von früher. Simon Schaller aus Botnang will zeigen, dass nachhaltige und ökologisch korrekte Kleidung „cool“ ist. Seit 2013 führt Schaller mit seiner Frau Nathalie und der Modedesignerin Teresa Göpper das Label Glimpse. „Wir wollen unser Herz für Mode für etwas Soziales einsetzen“, sagt der 30-Jährige. Seine Bachelorarbeit hat er zum Thema „Moderne Sklaverei in der Textilwirtschaft“ geschrieben.

 

Glimpse lässt in der Nähe der indischen Stadt Mumbai produzieren – allerdings in eigener Nähwerkstatt, verarbeitet wird nur Bio-Baumwolle von zertifizierten Stoffhändlern. Die Näherinnen sind ehemalige Zwangsprostituierte, die über Glimpse nicht nur eine Ausbildung zur Schneiderin, sondern auch grundlegende Schulkenntnisse vermittelt bekommen. „Sie haben zum Beispiel Englisch- und Matheunterricht, zudem kümmern sich Sozialarbeiter um die Frauen“, erzählt Schaller. Bisher betreiben die drei ihr Label auf ehrenamtlicher Basis, auch die Models, Fotografen und Texter arbeiten ohne Honorar.

Im Jahr 2013 brachte Glimpse die erste Kollektion heraus, im März kommt die vierte auf den Markt. Als lässige Streetwear, die modisch, aber relativ schlicht ist, beschreibt Schaller den Stil. Die Kleidung ist im eigenen Online-Shop sowie im Glore-Store („global responsible fashion“) in der Eberhardstraße 10 erhältlich, der als erster Konzeptstore für nachhaltige Mode gilt und bundesweit vier Filialen hat.

Jungunternehmer wollen mit Vorurteilen aufräumen

Die beiden Jungs von Greenality, Markus Beck und Mirko Krautter, werden Mitte Februar ein eigenes Geschäft in der Innenstadt eröffnen. Im Internet sind sie mit ihrer nachhaltigen Streetwear-Mode schon gut vertreten, jetzt soll es mit dem eigenen Laden in der Fürstenstraße 5 klappen. „Viele wollen ja aus Prinzip nicht online einkaufen“, sagt Mirko Krautter. Der 31-Jährige unterstützt den Gründer Markus Beck seit knapp zwei Jahren. „Ich wollte noch was reißen in meinen jungen Jahren“, sagt er und lacht. Er hat an der Uni Hohenheim Agrarwissenschaften studiert, einen Master in Organic Food abgeschlossen und bei Alnatura gearbeitet. Markus Beck hat zwei Ausbildungen in einem ganz anderen Bereich abgeschlossen, war aber immer ökologisch interessiert. Die Suche nach fair hergestellten T-Shirts frustrierte den 32-Jährigen irgendwann so, dass er beschloss, diese selbst herzustellen. Die eigene Marke Greenality halten die beiden bewusst klein. „Selber zu produzieren, ist mit viel Geld verbunden, wenn eine Kollektion nicht läuft, wird es echt schwierig“, sagt Beck. Bei ihren Fremdmarken orientieren sich Beck und Krautter an Zertifikaten wie dem Global Organic Textile Standard (GOTS). Wichtig sei, dass die komplette Lieferkette stimme, nicht nur die Baumwolle. „Beim GOTS-Siegel ist das vorgeschrieben“, so Beck. Er glaubt nicht, dass die Kunden sich darüber vorab informieren. Aus seiner Sicht denken sie erst im zweiten Schritt darüber nach, wo ihre Kleidung herkommt und wie sie hergestellt wurde. „Unser Ziel ist es, mit dem Stil unserer Kleider den Mainstream zu erreichen“, sagt Beck. Auch wollen die Jungunternehmer mit dem Vorurteil aufräumen, dass fair gehandelte Mode teuer sein muss.

Dass der Preis nichts mit Nachhaltigkeit zu tun hat, bestätigt Silke Wedemeier von der Kampagne für saubere Kleidung (CCC). „Ein höherer Preis oder eine stylische Marke sind keine Garantie für eine bessere Produktionsweise“, sagt Wedemeier, die sich in der Regionalgruppe Stuttgart engagiert. Die Organisation setzt sich für bessere Standards in den großen Textilproduktionsländern wie China und Bangladesch ein. Auch ein „made in“ könne täuschen, sagt Wedemeier: „Das Kleidungsstück muss nicht in diesem Land hergestellt worden sein, es kann auch nur der letzte Bearbeitungsschritt gewesen sein, etwa das Etikett.“

Gute und fair gehandelte Qualität bieten die Schwestern Lydia Bauer und Susanne Bölzle seit September 2012 in ihrem Laden Ottilie in der Breite Straße 4 an. Ein Großteil ihrer Marken produziere ohnehin nur in Deutschland wie stadtkind (Potsdam) oder Rock-it-baby (Köln). Jede Marke werde von ihr und ihrer Schwester persönlich ausgewählt und überprüft, betont Bauer. „Und unsere Kunden fragen auch danach“, ergänzt Bölzle. Beide Schwestern haben lange in Afrika gelebt. „Wir haben in Kenia gesehen, wie die Auswirkungen sind, wenn die Menschen fair bezahlt werden“, sagt Bauer. Dort entstand der Wunsch, ein Geschäft mit fairer sowie moderner und femininer Mode zu eröffnen. „Bei der Auswahl der Marken achten wir deshalb auf ökologische und soziale Bedingungen“, sagt Bauer.