Der 75-Jährige Unternehmer, der unter anderem die Musicals nach Stuttgart gebracht hat, ist bei einem Kuraufenthalt überraschend verstorben. Rolf Deyhle war ein Mann mit starkem Willen und wollte stets das Beste für Stuttgart.

Stuttgart - „Viele werden es erst kapieren, wenn ich tot bin.“ Das hat Rolf Deyhle oft gesagt, wenn er sich wieder einmal von den Menschen allgemein, den Medien und Teilen der Bürgerschaft unverstanden und schlecht behandelt fühlte. Das hat ihm in solchen Situationen schwer zu schaffen gemacht, weil er bei aller Weitläufigkeit dann doch vor allem Stuttgarter war, seine Heimatstadt liebte und ihr nur Gutes tun wollte. Manchmal fügte er dann noch mit einem unverwechselbar knitzen Gesichtsausdruck hinzu: „Erst wenn ich tot bin, werden sie mir ein Denkmal setzen.“ Dieser Moment, den der 75-Jährige trotz seiner angeschlagenen Gesundheit für sich in weiter Ferne sah, ist gekommen. Rolf Deyhle ist am Freitag bei einem Kuraufenthalt völlig überraschend verstorben.

 

Unternehmer, Visionär, Finanzjongleur, Musical-Pionier, Weltbürger, Träumer, Spinner – wie ist Rolf Deyhle nicht alles genannt worden. Dabei reicht selbst diese Begriffesammlung nicht ansatzweise aus, um diesen umtriebigen Menschen zu beschreiben. Über manche der Titulierungen hat er sich gefreut, über manche milde hinweggelächelt, viele haben ihn schlicht nicht interessiert. Und einige wenige haben ihn zutiefst verletzt und geärgert. Gegen „Pleitier“ hat er sich auch mit rechtlichen Mitteln gewehrt. „Ich bin nie Pleite gegangen“, hat er dann in seinem Schwäbisch gepoltert und fortan jede Kommunikation und jeden Kontakt mit dem „Übeltäter“ konsequent und hartnäckig verweigert.

Das Reden über sich selbst, über seine vielen oft parallel laufenden, ganz unterschiedlichen Projekte und die Selbstdarstellung in der Öffentlichkeit gehörten sicher nicht zu Rolf Deyhles Stärken. Er wollte immer, dass seine in Deutschland und weit darüber hinaus gebauten, auf vielen Bühnen gespielten und in Fußballstadien erlebbaren Visionen für sich selbst und damit auch für ihn sprachen. Alle aufzuzählen, ist ein Ding der Unmöglichkeit, bei manchen ist nie an die Öffentlichkeit gedrungen, dass er auch daran beteiligt war.

Rolf Deyhle dachte stets in großen Kategorien

Bekannt ist „sein“ Bauherrenmodell, das ihn nach seiner Tätigkeit als Steuerinspektor in der Finanzverwaltung schon in jungen Jahren reich machte. Das war in den 1960er Jahren. Noch bevor er durch die Musicals fast schon populär wurde, engagierte er sich im Filmrechtehandel, galt als größter Konkurrent von Leo Kirch. Eine eigene Filmproduktionsfirma im Hollywood-Umfeld durfte nicht fehlen. In Filmen wie „JFK“, „Die unendliche Geschichte, Teil 2“, „Free Willy“ oder „Die schwarze Dahlie“ mit namhaften Schauspielern wie Kevin Costner oder Scarlett Johannson taucht sein Name in dem Teil der langen Abspänne, die sich kein Mensch noch anschaut, klein gedruckt auf. Geradezu diebisch gefreut hat er sich über eine Auszeichnung, die ihm „The Island on Bird Street“ einbrachte: 1999, mitten in seiner größten unternehmerischen Krise, bekam er dafür den Emmy Award, den noch kein deutscher Produzent gewinnen konnte.

Klein zu denken, war nicht die Sache von Rolf Deyhle. Es musste immer weit über alle Kesselränder hinaus, und es durfte immer auch gerne ein bisschen größer sein. Seiner Heimatstadt Stuttgart wollte er nicht einfach nur ein Musicaltheater schenken, sondern ein ganzes Erlebniszentrum mit Spielcasino, Saunalandschaft, Großkino, viel Gastronomie, Hotel – und dann bald schon einem zweiten Theater. Über das 500-Millionen-D-Mark-Projekt, das 1994 mit dem Musical „Miss Saigon“ und einem rauschenden Fest eröffnet wurde, diskutierten und stritten die Stuttgarter lang und laut. Deyhle versprach der Landeshauptstadt damals im Vorfeld einen Aufschwung im Fremdenverkehr und, dass viele Geschäftsleute davon profitieren würden. Der Blick auf die Übernachtungsstatistik dieser Jahre gibt ihm recht.

Fast alle Visionen sind Realität geworden

Viele andere seiner Unternehmungen sind nie so wirklich ins Bewusstsein seiner Unterstützer und auch seiner Kritiker – und davon gab es nicht wenige – gerückt: Seine Karriere als Sportvermarkter in den 1970er Jahren und später seine Arbeit vor allem für die Fifa, wofür er als Dank einen echten, goldenen Weltmeister-Pokal bekam; sein Engagement in der Gesundheitshotellerie mit dem Mutterhaus der F. X. Mayr-Medizin am Wörthersee; sein Einsatz für die Björn-Steiger-Stiftung, deren Vorsitzender des Präsidialrats er bis zuletzt war; der Aufbau der Cinemaxx-Kinos; seine große Kunstsammlung, die er zu gerne dauerhaft im Neuen Schloss gezeigt hätte.

Der Unternehmer Rolf Deyhle hat viele Höhen, aber auch etliche Tiefen durchlebt, vor allem in der Zeit, als seine für Außenstehende unüberschaubar verschachtelte Unternehmensgruppe ins Wanken geriet. Später machte er sich in der Öffentlichkeit rar, war jedoch weiter auf der ganzen Welt unterwegs – wenn er nicht gerade in seinem Büro im SI-Centrum saß oder auf Sylt, seinem Zweitwohnsitz, war. Manchmal konnte man ihn auch im Gasthaus zur Linde in Möhringen beim Abendessen treffen, wo er dann von seinen neuesten Visionen erzählte. Die klangen oft so verrückt, dass es schwer fiel, alles zu glauben. Aber fast alle wurden früher oder später Realität.

Rolf Deyhle schloss nie schnell Freundschaften. Dazu hatte er zu viel erlebt, sich zu oft unbeliebt gemacht, hatte er zu viele Kritiker und Neider. Aber wen er ins Herz geschlossen hatte, konnte sich auf ihn verlassen. Kein Geburtstag ohne Blumengruß, kein Weihnachten ohne persönlich unterschriebene Karte. Seine Familie ging ihm über alles, Kinder waren für ihn der eigentliche Sinn des Lebens. Er hinterlässt seine Frau, zwei Töchter und vier Söhne.