Die Nachverdichtung rund um den Ehrlichweg bleibt ein ungeliebtes Kind. Um so mehr, da die Genossenschaften viele Ideen für nicht realisierbar halten.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Fasanenhof - Am Ende der Veranstaltung ist vielen Teilnehmern die Lust am Planen vergangen. „Es war ein langer Tag und ich habe jetzt keine Kraft mehr, eine Bürgerempfehlung zu formulieren“, sagte eine Frau stellvertretend für viele. Es ging um die Nachverdichtung in dem Gebiet rund um den Ehrlichweg. Fünf Genossenschaften haben dort Wohnblöcke und wollen nun weitere Häuser bauen. Die Mehrheit der Menschen auf dem Fasanenhof lehnt das ab. Die beiden Moderatorinnen Christine Grüger und Ute Kinn von den Büros Südlicht und Grips hatten einige Mühe, die Teilnehmer der Planungswerkstatt am Mittwochabend im evangelischen Gemeindezentrum umzustimmen. Es gehe nicht darum, die Bürgerempfehlung endgültig zu formulieren. Das Ziel sei es, den drei gewählten Bürgerredakteuren und ihren Stellvertretern Stichwörter mit auf den Weg zu geben. Diese würden daraus eine Vorlage zusammenschreiben, die bei einem weiteren Treffen mit allen Teilnehmern der Planungswerkstatt abgestimmt werde.

 

Nach einigem Hin und Her rauften sich die etwa 30 Frauen und Männer dann doch zusammen. Auf die bunten Zettel schrieben sie ihre Ideen und Bedenken zu den Themen Bebauung, Grünflächengestaltung und Verkehr. Die Bürger machten aber vor allem ihrem Ärger Luft. „Wir werden nicht ernst genommen“, war auf einem Zettel zu lesen. „Die Bürgerbefragung ist eine Farce. Pläne liegen bereits vor“, stand auf einem anderen. Ein dritter Streifen zeigte einfach nur ein trauriges Gesicht.

Bürger wollen eine verträgliche Nachverdichtung

Viele Teilnehmer der Planungswerkstatt kamen sich veräppelt vor. Anfang Juni hatten sie einen ganzen Samstag damit verbracht, Vorschläge für eine Nachverdichtung zu erarbeiten. Da diese nicht zu verhindern ist, wollen sie zumindest eine „verträgliche“ Nachverdichtung. Gemeint ist damit, dass nicht zu viel, nicht zu hoch und nicht zu dicht gebaut wird und Grünflächen erhalten bleiben.

Bei dem Termin im Juni hatten sich die Bürger überlegt, Gebäude zu verlängern oder aufzustocken. So könnte die Zahl der von den Baugenossenschaften favorisierten zusätzlichen Gebäude mit eher quadratischer Grundfläche zumindest reduziert werden. In den vergangenen Wochen hatten die Stadt und die Genossenschaften die Ideen geprüft. Das Ergebnis: eine Aufstockung ist aus statischen Gründen nicht möglich. Bei einer Verlängerung der Gebäude würde man den bisherigen Mietern teils das Wohnzimmerfenster zubauen.

Genossenschaften wollen bezahlbaren Wohnraum schaffen

Das hätten die Baugenossenschaften aber auch gleich sagen können, schimpften die Bürger. Sie zweifelten daran, dass ihnen diese Erkenntnis erst bei der Prüfung der Bürgerideen in den vergangenen Wochen gekommen war. Ebenso ärgerten sie sich darüber, dass die Genossenschaften immer wieder mit den Kosten argumentierten. „Die Wirtschaftlichkeit steht über allem und erstickt jede Kreativität im Keim. Wirtschaftlich scheinen nur freistehende Quadrate zu sein“, so eine Teilnehmerin.

Die Genossenschaften versuchten deutlich zu machen, dass sie bezahlbaren Wohnraum schaffen wollen. Sie seien dem Wohl ihrer Mieter verpflichtet. Dazu passte dann auch, dass die Genossenschaften über die Gestaltung der Grünflächen, über Spielplätze und mögliche Mietergärten direkt mit den Bewohnern der Häuser rund um den Ehrlichweg sprechen wollen. Die Teilnehmer der Planungswerkstatt hatten freilich auch zu diesem Thema im Juni Ideen erarbeitet. Sie hatten zwar Verständnis für das aufgezeigte Vorgehen, kamen sich aber dennoch einmal mehr veräppelt vor.

Zu wenige Parkplätze rund um den Ehrlichweg

Dann war da noch das Thema Verkehr. Die Teilnehmer bemängelten, dass es bisher schon zu wenig Parkplätze gebe. Um Abhilfe zu schaffen, hatten einige vorgeschlagen, am Ende des Ehrlichwegs ein Parkhaus zu bauen. Zusätzlich plädierten sie für eine Tiefgarage unter den geplanten Systembauten für Flüchtlinge auf dem städtischen Grundstück am Ehrlichweg. Aber auch daraus wird nichts. Um eine Tiefgarage zu bauen, reicht die Zeit nicht aus. Denn die Stadt möchte im Herbst mit den Systembauten beginnen. Und ein Parkhaus auf dem Wendehammer wäre zu klein, als dass es wirtschaftlich sein könnte.

Da war es wieder, das böse Wort. Susanne Frucht vom Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung hatte die undankbare Aufgabe übernommen und den Bürgern das Ergebnis der Prüfung ihrer Vorschläge vorgestellt. Sie spürte die Unzufriedenheit der Teilnehmer. „Wir haben gründlich geprüft und ihnen damit vielleicht auch den Spaß an der Sache genommen“, sagte sie. Dass viele die Planungswerkstatt nun als Farce empfinden, mache sie betroffen. „Viele Kollegen haben viele Stunden daran gearbeitet, um ein gutes Ergebnis zu bekommen. Glauben Sie wirklich, dass wir so viel Zeit in eine Schauveranstaltung investieren?“, fragte sie in die Runde.

Ein weiterer Termin ist geplant

Die Antwort von zumindest einigen Bürgern war später auf den bunten Zetteln zu lesen. Was die sechs gewählten Bürgervertreter nun aus den auf den Papierstreifen gesammelten Ideen machen, bleibt abzuwarten. Einen Termin, bei dem die vorformulierte Bürgerempfehlung mit den übrigen Teilnehmern der Planungswerkstatt abgestimmt wird, gibt es noch nicht. Die fertige Bürgerempfehlung soll dann dem Bezirksbeirat und dem Umwelt- und Technikausschuss vorgelegt werden. Dann will die Stadt einen Wettbewerb ausloben, bei dem verschiedene Büros Entwürfe für eine Nachverdichtung einreichen können. Die Bürgerempfehlung wird den Wettbewerbsunterlagen beigefügt, bindend ist sie nicht.