Einmal bei der Tour de France mitfahren, das ist der Traum von Alexander Krieger. Diesem Wunsch ist er nun einen Schritt näher gekommen. Vom 1. August an darf der 22-Jährige sein Talent bei einem Profiteam unter Beweis stellen.

Stuttgart - Ob es zur Apfelschorle auch noch was zur Leistungssteigerung sein dürfe? Alexander Krieger lächelt ein wenig gequält, zuckt mit den Schultern, als der etwas zu neugierige Kellner den Tisch wieder verlassen hat und sagt dann: „So etwas bin ich schon gewohnt.“ Mit „so etwas“ meint Krieger Sprüche über Doping, die er oft zu hören bekommt, wenn Menschen mitbekommen, was seine Passion und zugleich auch seine Profession ist: Krieger ist Radrennfahrer.

 

Seit etwa sechs Monaten fährt der 22-Jährige für das Team Stuttgart – eine Nachwuchsmannschaft, die erst zu Beginn des Jahres vom Bund Deutscher Radfahrer ins Leben gerufen wurde. In seine Rolle als Kapitän des zwölfköpfigen Teams hat sich der gebürtige Stuttgarter gut eingefunden. Bei den Deutschen Meisterschaften, die Ende Juni in Nordhessen stattfanden, wurde er unter 206 Startern Vierter – zwei Plätze hinter seinem Vorbild John Degenkolb, der momentan die Tour de France bestreitet. „Die fahren also auch nicht in einer anderen Welt“, sagt Krieger, um zu begründen, dass das Thema Doping seiner Meinung nach unter Profifahrern nicht mehr so akut ist. „Mir hat noch nie jemand was angeboten“, versichert der junge Sportler.

Die Liebe zum Radsport entdeckt Krieger bereits mit sechs

An der Frankreich-Rundfahrt teilzunehmen, das ist auch Kriegers großes Ziel. Diesem Wunsch ist er nun einen Schritt näher gekommen. Seit gestern steht fest, dass Krieger vom 1. August an zumindest ins Profigeschäft reinschnuppern darf. Das deutsch-britische Team NetApp-Endura, das in diesem Jahr zum ersten Mal bei der Tour de France mitmischt, hat Krieger neben den Österreichern Patrick Konrad und Gregor Mühlberger als Stagiaire, also Gastfahrer verpflichtet. „Allen steht die Tür ins Team ab der neuen Saison und damit die Chance auf einen Profivertrag offen“, sagt der Teammanager Ralph Denk zu seinen Neuzugängen.

Als Krieger Mitte der 1990er-Jahre den Grundstein für seine Karriere legt („Ich konnte schon mit zweieinhalb Jahren ohne Stützräder fahren“) ist die Radsportwelt noch in Ordnung: Keiner kann sich zu diesem Zeitpunkt vorstellen, dass die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender die Übertragung der Tour de France boykottieren werden. Die Dopingproblematik sollte erst noch ins Zentrum des Interesses rücken. Sein Vater nimmt ihn zum ersten Mal zu einem Radrennen mit, da ist Krieger sechs Jahre alt. An der Rennstrecke sieht der Bub die Radler in ihren bunten Trikots an ihm vorbeirauschen. „Das hat mir sofort gefallen“, erzählt Krieger. Er prophezeit seinem Vater noch an Ort und Stelle: „Sobald ich fahren darf, will ich fahren.“

Im letzten Jahr stürzte der Radfahrer schwer

Im Alter von neun Jahren tritt Krieger dem Radportclub Komet Ludwigsburg bei, bestreitet dort sein erstes Lizenzrennen. In den Jahren 2008 und 2009 schafft er den Sprung in die U-23-Nationalmannschaft. Mit 19 wechselt er zum Team Heizomat im nordbayerischen Motten bei Fulda. Zwischenzeitlich macht Krieger sein Abitur, wird anschließend Sportsoldat bei der Bundeswehr. Im vergangenen Jahr dann der Wechsel zum rad-net Rose Team Stuttgart, für das er allerdings nur eine Saison fährt, bevor es zum Team Stuttgart geht. „Leider lief es im letzten Jahr nicht so gut für mich. Ich hatte gesundheitlich zu kämpfen“, sagt Krieger. Er stürzt bei einem Rennen schwer und bricht sich den Arm. Eine Platte und mehrere Schrauben halten den Knochen nun zusammen.

Doch längst ist Krieger wieder fit. Er spricht sogar schon vom „besten Jahr meiner Karriere“. Pro Woche bestreitet er drei Rennen – viele davon sind Eintagesrennen in den Niederlanden und in Belgien. Die Strecken dort liegen ihm. „Ich bin ein Klassikerfahrer, solange die Berge nicht allzu lang sind, ist das für mich gut“, sagt er und lacht. Im Moment bereitet sich Krieger auf die zwölftägige Portugal-Rundfahrt Ende Juli vor. Dafür trainiert er viel, gönnt sich nur einen Tag die Woche Pause. Seine Trainingsfahrten führen ihn in den Schwarzwald, ins Neckar- oder ins Bottwartal. Im Winter ist er viel im Fitnessstudio – oder im Trainingslager auf Mallorca. „Das Coole am Radsport ist, dass man viel rumkommt“, sagt Krieger. Weniger cool sei hingegen, „wenn man morgens um sechs Uhr schon Spaghetti mit Olivenöl essen muss.“