Der VfB Stuttgart hat gegen Dresden schon mehrfach Schicksal gespielt. Auch wieder am Samstag, wenn die beiden Teams in der zweiten Fußball-Bundesliga aufeinandertreffen?

Dresden - Am 6. Mai 1995 stehen sich in Dresden Dynamo und der VfB Stuttgart in der Bundesliga gegenüber. Die Partie endet 1:1, zu wenig für die Hausherren, nach ihrer vierten Erstliga-Saison steigen sie ab. Eines der schwärzesten Kapitel der Vereinsgeschichte, denn kurz darauf beziffert der Deutsche Fußball-Bund (DFB) den Schuldenstand des Clubs auf 18 Millionen Mark (9,2 Millionen Euro). Die Folge: Lizenzentzug; der ostdeutsche Traditionsverein stürzt in die dritte Liga ab.

 

Die ruhmreichen Zeiten waren vorbei. Dabei begann die Geschichte der SG Dynamo mit einem Triumph. Wenige Wochen nach der Gründung am 12. April 1953 feierten die Dresdner den ersten DDR-Meistertitel. Sieben weitere folgten sowie sieben Pokalsiege und 98 Europapokalspiele. Der größte Erfolg gelang 1989, als die Elbstädter im Uefa-Cup-Wettbewerb bis ins Halbfinale vordrangen. Und wieder spielte der VfB Schicksal. Die Stuttgarter um Karl Allgöwer schalteten den Dynamo nach einem 1:0-Heimsieg und dem 1:1 in Dresden aus.

Uwe Neuhaus ist der Vater des Erfolgs

Ralf Minge war als Spieler dabei. Der 56-Jährige, der mit Dynamo 1991 auch die Bundesliga-Qualifikation schaffte und später als Cheftrainer auf der Bank saß, ist Sportdirektor beim Zweitliga-Aufsteiger. Hans-Jürgen „Dixie“ Dörner (65), der 100 Länderspiele für die DDR bestritt, sitzt im Aufsichtsrat. Und der ehemalige Torjäger Hans-Jürgen Kreische, inzwischen 69 und viermal der beste Schütze in der DDR-Oberliga, arbeitet als Scout im Verein.

Die Zeit nach dem Bundesliga-Abstieg war turbulent. Zeitweise rutschte Dynamo bis in die viertklassige Oberliga ab. Erst im Jahr 2004 gelang dem Verein nach neun Jahren Abstinenz unter Trainer Christoph Franke die Rückkehr in den Profifußball. Zwei Jahre später ging der Fahrstuhl wieder nach unten, 2011 wieder nach oben und drei Jahre später erneut nach unten.

Die Meisterschaft in der dritten Liga sicherte sich Dynamo 2015/16 so souverän, wie die Frauenkirche die Silhouette der Elbmetropole beherrscht – die Sachsen verloren nur zwei ihrer 38 Punktspiele und schossen die mit Abstand meisten Treffer. Chefcoach Uwe Neuhaus und Torjäger Justin Eilers (jetzt Werder Bremen) waren die Bauherren des Erfolges.

Rund 18 000 verkaufte Dauerkarten sind Vereinsrekord

Dynamo ist sexy, und das ganz gleich, in welcher Liga. Mit mehr als 18 000 Mitgliedern ist die SGD der größte Sportverein der neuen Bundesländer. Hinter Stuttgart, Hannover und Kaiserslautern kommen die Dresdner auf den viertbesten Zuschauerschnitt der Zweitliga-Saison (29 196). Rund 18 000 Dauerkarten wurden vor dieser Saison verkauft, der alte Rekord stand bei etwas über 13 000.

Allerdings musste der Verein wiederholt für das Fehlverhalten eines Teils seiner Fans bezahlen. Allein in der Vorsaison summierten sich die Geldstrafen auf 20  000 Euro.

Uwe Neuhaus, der nach sieben Jahren bei Union Berlin eine zwölfmonatige Pause eingelegt und 2015 bei Dynamo unterschrieben hatte, erwies sich als Glücksfall – auch wenn es zuletzt mit vier sieglosen Punktspielen holprig lief. Im DFB-Pokal erwartet Dynamo in der letzten Oktoberwoche Arminia Bielefeld. Für die zweite Runde hatten sich die Dresdner gegen Erstligist RB Leipzig qualifiziert. „Ganz Deutschland hat damals auf dieses Spiel geschaut und uns die Daumen gedrückt. Das so zu gewinnen war absolut geil“, gerät Kapitän Marco Hartmann immer noch ins Schwärmen. Nach einer Aufholjagd hatten die Dresdner nach einem 0:2 das Spiel im Elfmeterschießen (5:4) gewonnen.

Auch finanziell schlägt sich der Erfolg nieder, insgesamt 465 000 Euro sind im DFB-Pokal schon in die Kasse geflossen. Zudem hat Dynamo die Altschulden bei Medienunternehmer Michael Kölmel inzwischen nach 17 Jahren beglichen. Somit bleiben die Einnahmen aus der TV-Vermarktung ab 1. Juli 2017 vollständig beim Verein. „Natürlich ergeben sich dadurch dann ganz andere Möglichkeiten für uns“, freut sich Sportgeschäftsführer Ralf Minge, „daher ist es elementar wichtig, den Zweitliga-Verbleib zu sichern.“ Und nun geht es mal wieder gegen den VfB Stuttgart – irgendwann hat auch diese Partie Tradition.