Ein Vertreter der Stuttgarter Straßenbahnen AG wollte mit den Bezirksbeiräten über das Mobilitätskonzept für die Universität Hohenheim diskutieren. Doch die Bezirksbeiräte nutzten die Gelegenheit, die SSB für ihre Verkehrspolitik scharf zu attackieren.

Plieningen/Birkach - Einen Schildbürgerstreich nannte die Grünen-Birkacher Bezirksbeirätin Christine Voigt das, was Volker Christiani, Leiter der Systemplanung bei der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB), bei der jüngsten Sitzung der Bezirksbeiräte als Ziel der Verkehrsgesellschaft formuliert hat: eine Stadtbahnverlängerung über die Garbe hinaus. So will die SSB Plieningen und Birkach in der Zukunft besser an das öffentliche Verkehrsnetz anbinden.

 

Voigt konnte sich den Spott nicht verkneifen. Wie die SSB auf die Idee kommt, dass sie in den Bezirken auf diese Weise mehr Menschen für den öffentlichen Nahverkehr gewinnen könnte, fragte sie. Zumindest für die Birkacher sei eine solche Lösung aus ihrer Sicht Unsinn. „Kein Birkacher wird zuerst nach Plieningen fahren, um sich dort in die Bahn Richtung Innenstadt zu setzen“, sagte sie. Der Plieninger Bezirksbeirat Gerhard Hütter von der Fraktionsgemeinschaft SÖS-Linke-Plus stimmte ihr zu. „Niemand läuft doch den Berg hoch, um zur Bahn zu kommen.“

Dissens mit der SSB

Die Lokalpolitiker aus den beiden Bezirken und aus den unterschiedlichen Fraktionen waren sich einig, dass die SSB ein völlig falsches Konzept verfolge. Volker Christiani hatte einen schweren Stand. Dabei war er eigentlich in den Bezirksbeirat gekommen, um mit den Lokalpolitikern über das künftige Mobilitätskonzept für die Universität Hohenheim zu diskutieren. Deutlich wurde in der hitzigen Diskussion, dass die SSB etwas völlig anderes anstrebt als die Bezirksbeiräte.

Die SSB setzt auf eine Verlängerung der Stadtbahn, die bisher an der Haltestelle „Garbe“ endet. Die Bezirksbeiräte wollen dagegen, dass der Busverkehr ausgebaut wird. Sie hält es für einen schweren Fehler, dass die Buslinie 79 im Mai kommenden Jahres eingestellt wird. Der Plieninger CDU-Bezirksbeirat Michael Wörner fasste die Enttäuschung der Lokalpolitiker in zwei Sätzen zusammen: „Niemand will eine Stadtbahnverlängerung über die Garbe hinaus, alle sind für eine bessere Anbindung an das Busnetz. Die SSB hat alle unsere Forderungen abgelehnt.“

Wunsch nach Erweiterung der Linie 65

Wörner griff die alte Forderung der Bezirksbeiräte wieder auf, die Buslinie 65 zu erweitern, um Plieningen direkt an den Flughafen anzubinden. Dass die SSB dies nicht wolle und nun auch die Buslinie 79 einstelle, sei eine falsche Entscheidung, kritisierte Wörner.

SSB und Bezirksbeiräte tauschten in der Debatte altbekannte Argumente aus. Die Bezirksbeiräte verwiesen beispielsweise darauf, dass die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young künftig ihre Deutschlandzentrale am Flughafen haben wird und es künftig einen Fernbusbahnhof geben soll. Sie forderten die SSB auf, zu untersuchen, woher die Studenten kommen, die in Hohenheim studieren. Die Birkacher Grüne Petra Pfendtner sieht bei den Studenten ein großes Potenzial für die SSB und forderte eine direkte Busverbindung nach Echterdingen. Der SSB-Vertreter Volker Christiani konterte gereizt auf die Kritik an der Einstellung der Buslinie 79. „Wir können den Euro eben nur einmal ausgeben“, sagte er. In anderen Bezirken würde es aus seiner Sicht zu Recht Begehrlichkeiten etwa nach Taktverkürzung geben, wenn die SSB an der aus ihrer Sicht defizitären Buslinie 79 festgehalten hätte. Ungehalten reagierte er auch auf die von Bezirksbeiräten geäußerte Befürchtung, dass eine Stadtbahnverlängerung der Bebauung des Birkacher Felds den Weg ebnen würde. Christiani nannte die Bedenken einen merkwürdigen Ansatz. „Dann müssten wir folgerichtig in anderen Bezirken unsere Stadtbahn zurückbauen, damit niemand auf die Idee kommt, zu bauen“, sagte er. Die Ironie kam nicht gut an bei den Lokalpolitikern. Ebenso wenig Christianis Argumente.