Vor genau 50 Jahren wurde die Stuttgarter City zu einer Großbaustelle: Damals wühlte sich die SSB durch den Untergrund der Innenstadt, um die Stadtbahnen unter die Erde zu verlegen – denn oben kamen sie kaum noch voran.

Stuttgart - Vor 50 Jahren haben sich die Bagger nach dem offiziellen Spatenstich am Charlottenplatz in die Erde gegraben: Vom 2. Juli 1962 an wurde die City zur Tunnel-Großbaustelle. Die Straßenbahnen mussten in den Untergrund gehen. Oben kamen sie kaum noch voran. „Am Dreh- und Angelpunkt des Stadtbahnnetzes, dem Schlossplatz, stauten sich im Hauptverkehr zwischen den Autos Dutzende von Straßenbahnzügen“, erzählt der SSB-Pressereferent Hans-Joachim Knupfer, der sich mit dem Thema eingehend beschäftigt hat.

 

Schon bald klaffte in der Innenstadt vom Charlottenplatz bis zum Österreichischen Platz ein riesiges Loch im Kessel. „Hier pulsierte die größte und längste Baustelle der Stadt“, sagt Knupfer. „Es war eine Operation am offenen Herzen der Stadt.“ Auch der Schlossplatz wurde durch eine riesige Baugrube gespalten. Als Grundlage des „U-Bahn-Baus“ dienten die Pläne des Verkehrswissenschaftlers Walther Lambert (1908-1987), der damit den Nahverkehr auf der Schiene rettete. In anderen Großstädten, die für die Autostadt die Gleise herausgerissen hatten, standen hingegen bald auch die Busse im Stau.

Die Kriegsfolgen erleichterten den Umbau

Der Bombenkrieg, der Innenstadtflächen „freigemacht“ hatte, erleichterte den Umbau der Verkehrsinfrastruktur. Wo heute die B 14 verläuft, erstreckten sich einst verschachtelte Wohnhäuser. Die Esslinger Straße, schmal und gepflastert, bildete den einzigen Straßenzug, der die Bezeichnung Hauptverkehrsstraße verdiente. Die Tunnelbauer mussten die Gleise aber auch um Tiefbunker herumführen, etwa am Marienplatz. „Wegen des Kalten Krieges galten die Luftschutzbauten aus der Nazizeit als unantastbar“, sagt Knupfer.

Am 10. Mai 1966 wurde der erste Straßenbahntunnel zwischen Holzstraße und Staatstheater eingeweiht. Nachdem der damalige Oberbürgermeister Arnulf Klett mit der Kelle „Grün“ signalisiert hatte, fuhr der erste „Einser“ geschmückt in die unterirdische Haltestelle Charlottenplatz ein.

Das Netz ist 130 Kilometer lang

Heute liegen von dem 130 Kilometer langen Stadtbahnnetz 26 Kilometer unter der Erde. Der vorerst letzte Nahverkehrstunnel entstand 2011 in Zuffenhausen. Seit 1962 sind mehr als vier Milliarden Euro in das SSB-Netz investiert worden, heute ist dieses fast vollständig ausgebaut. Inzwischen zeichnet sich aber ab, dass die SSB in den kommenden Jahren immer größere Summen in dessen Erhalt investieren müssen.