Der VVS wird auch im kommenden Jahr die Fahrpreise erhöhen. Allerdings fällt die Steigerung so gering aus wie seit langem nicht mehr.

Stuttgart - Der Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart (VVS) will seine Fahrkartenpreise vom 1. Januar 2017 an durchschnittlich um 1,9 Prozent erhöhen. Das haben nach Informationen der Stuttgarter Zeitung/Stuttgarter Nachrichten die rund 40 Verkehrsunternehmen im VVS entschieden, also die DB Regio, die Stuttgarter Straßenbahnen AG, weitere städtische Verkehrsbetriebe und private Bus- und Bahnunternehmen. Die Tariferhöhung muss noch in weiteren VVS-Gremien von den Vertretern von Land, Stadt, Regionen und Kreisen beschlossen werden. Dies gilt aber als sicher, da die öffentliche Hand ansonsten die Mindereinnahmen ausgleichen müsste (siehe „Wie funktioniert der VVS“).

 

Wird die Tariferhöhung im VVS-Aufsichtsrat bestätigt, wäre die Steigerung die geringste seit 2001 – zuletzt lag sie zum 1. Januar 2016 bei 2,5 Prozent, im Jahr davor bei 2,9 Prozent. Wie die durchschnittliche Erhöhung auf die einzelnen Fahrkartenarten umgelegt wird, ist noch offen. Darüber wird in den nächsten Monaten im Aufsichtsrat entschieden.

Die Preisgestaltung im VVS ist in den vergangenen Jahren immer stärker in die politische Debatte geraten – zuletzt hatte die Linke im Gemeinderat und in der Regionalversammlung beantragt, dass die Stadt- beziehungsweise die Regionalräte, die im VVS-Aufsichtsrat sitzen, einer Fahrpreiserhöhung nicht zustimmen sollen. Statt dessen sollten die nachgewiesenen Kostensteigerungen der Verkehrsunternehmen aus öffentlichen Mitteln bezahlt werden. Die Linke begründete ihren Vorstoß mit den „erheblichen Qualitätsmängeln insbesondere im S-Bahnverkehr, aber auch bei vielen Busangeboten in der Fläche“ und den sinkenden Benzinpreisen, die das Autofahren günstiger machten. „Eine weitere Fahrpreiserhöhung würde von den Nutzern des ÖPNV sowie von potenziellen Neukunden als absolut nicht angebracht empfunden werden und von der Nutzung des ÖPNV abschrecken“, formulierte Christoph Ozasek, Fraktionschef der Linken in der Region und Stadtrat in Stuttgart.

Ist die Schmerzgrenze erreicht?

Aber auch andere Fraktionen in der Regionalversammlung und der Verband selbst haben sich zuletzt kritisch über die Tarif- und Einnahmeentwicklung geäußert. So ist der Anteil der Ticketeinnahmen an der Finanzierung des VVS-Angebots im vergangenen Jahrzehnt von 53,6 auf 60,2 Prozent gestiegen. Auch wenn darin staatliche Zuschüsse für Schwerbehinderten- und Schülerkarten enthalten sind, rechnen Experten wie der CDU-Regionalrat Rainer Ganske damit, dass von den Nutzern bezahlte Fahrgelder rund die Hälfte beitragen. „Wir haben bei den Fahrpreissteigerungen eine Schmerzgrenze erreicht“, sagte Harald Raß, SPD-Fraktionschef, Ende April im Verkehrsaussschuss der Regionalversammlung. Und die grüne Regionalrätin Eva Mannhardt ergänzte damals: „Es kann nicht sein, dass die Nutzer immer mehr bezahlen.“ Auch der Regionalverband glaubt, dass „die Zahlungsbereitschaft der ÖPNV-Kunden Grenzen hat“. Dies gelte besonders bei Gelegenheits- und Freizeitfahrten, wenn das eigene Auto auch genutzt werden könnte. Zudem verweist der Verband darauf, dass bei den Fahrgastbefragungen des VVS das Preis-Leistungsverhältnis unter 27 Merkmalen am schlechtesten bewertet werde.

Nichtsdestotrotz war der Antrag der Linken in Stadt und Region abgelehnt worden. Allerdings war zu diesem Zeitpunkt das Ausmaß der Erhöhung noch nicht bekannt. Stadt und Region verwiesen aber darauf, dass „die Tariferhöhung faktisch von den Verkehrsunternehmen“ festgelegt wird, so etwa der Verband Region Stuttgart.

Die Steigerung muss deshalb aber auch noch im SSB-Aufsichtsrat beschlossen werden, dem ebenfalls Kuhn vorsteht und in dem Vertreter der Stadt und des Gemeinderats sitzen. Kuhn erklärt in seiner Antwort auf den Linke-Antrag aber, dass „die Stadt für den Ausbau des ÖPNV eine solide Finanzierungsbasis“ brauche. Und es ist bekannt, dass die SSB intern mit der diesjährigen Fahrpreiserhöhung von 2,5 Prozent nicht zufrieden war, da ihre Kosten um drei Prozent gestiegen waren.