Nach dem Totalausfall eines Rechners im Stellwerk Vaihingen schlägt der Verkehrsclub Deutschland (VCD) Alarm: „Die Bahn hat die S-Bahn in der Region in den Keller gefahren“, kritisiert der VCD-Landesvorsitzende.

Stuttgart - Nach dem Totalausfall eines Rechners im Stellwerk Vaihingen am Dienstag schlägt der Verkehrsclub Deutschland (VCD) zum Jahresende Alarm: „Die Bahn hat die S-Bahn in der Region in den Keller gefahren“, kritisiert der VCD-Landesvorsitzende Matthias Lieb. Der Konzern lege den Betrieb wegen der maroden Technik immer öfter selber still.

 

Wie berichtet, hatte es am Dienstag nach dem Versagen der Festplatte eines Stellwerkrechners zwischen 10 und 18.11 Uhr zwölf S-Bahn-Totalausfälle und 75 Teilausfälle auf der Strecke zwischen Vaihingen und Filderstadt gegeben. Erst am frühen Abend konnte die Bahn einen ebenfalls zunächst nicht einsatzbereiten Ersatzrechner wieder starten und den S-Bahnbetrieb wieder aufnehmen.

Bahn hat Pannen nicht im Griff

Für den VCD ist der Stellwerksausfall ein weiterer Punkt in der seit Jahren andauernden Pannenserie bei der S-Bahn. Die Ausfälle durch die marode Infrastruktur hätten in den zurückliegenden zwölf Monaten zugenommen. „Immer öfter fallen Weichen, Signale oder Stellwerke aus“, so Lieb. Die am Dienstag tagsüber bestehende Störung habe wieder einmal deutlich gezeigt, dass die Bahn solche Ausfälle nicht mehr im Griff habe. „Es fehlt eine schnelle Eingreiftruppe, die technische Probleme rasch beseitigt“, so der Kritiker. Bahnchef Grube und seine Mitarbeiter seien nicht einmal in der Lage, ihre Kunden ordentlich über gesperrte Strecken und ausfallende Züge zu informieren.

So empfand auch die Kundschaft die jüngsten Zugausfälle: „Morgens Verspätung, abends der Linienbus knüppeldickevoll! Keinerlei Infos. Aber wir sind gewöhnt, kennen es nicht anders, und es würde mich irritieren, wenn es anders wäre. Macht wirklich Sinn, die Tariferhöhung ab Januar“, kommentierte eine Leserin den Bericht über den Stellwerksausfall in Vaihingen auf StZ-Online.

Ein Bahnsprecher führte die lange Dauer der Störung auch auf die „schwierige Personalsituation zwischen den Jahren“ zurück. Außerdem sei die Störung in dem 1993 errichteten Stellwerk, als die S-Bahn zum Flughafen verlängert wurde, besonders komplex gewesen, weil auch der vorhandene Ersatzrechner versagt habe.

„Dadurch fehlte die aus Sicherheitsgründen vorhandene Rückfallebene“, so der Sprecher. Warum die vorhandene Reservetechnik ebenfalls ausgefallen sei, werde noch geprüft. Wegen dieser ungewöhnlichen Störung hätten Techniker der Bahn und des Herstellers des Spezialrechners mehrere Stunden benötigt, um den Ersatzcomputer wieder zum Laufen zu bringen.

Mehr als 200 Störungen aufgelistet

Für den Kritiker Lieb ist der Störungsverlauf ein Indiz dafür, dass die Technik nicht angemessen gewartet wird. „Es hat bis jetzt drei S-Bahn-Gipfel des Verbands Region Stuttgart (VRS) gegeben, die ohne ein für die S-Bahn-Kunden greifbares Ergebnis verpufft sind.“ Die Ankündigungen der Netz AG, die Infrastruktur und Pünktlichkeit zu verbessern, hätten sich weitgehend als bloße Behauptungen erwiesen.

Nach Informationen der StZ belegt eine Störungsliste aus Nahverkehrskreisen, dass es zwischen Januar und November 2015 mehr als 200 Technik-Pannen im regionalen S-Bahn-Netz gegeben hat. Bei rund 80 Vorfällen handelte es sich dabei um Stellwerksstörungen oder -ausfälle.

„Im nächsten Jahr muss die seit Jahren bestehende S-Bahn-Misere endlich angepackt und behoben werden“, fordert der Bahnkritiker Matthias Lieb. Dabei seien auch Regional- und Landespolitiker gefordert. Eine sinnvolle Maßnahme sei die Ausstattung der Stammstrecke zwischen Schwabstraße und Hauptbahnhof mit dem European Train Control System (ETCS), das die Leistungsfähigkeit dieses Nadelöhrs deutlich verbessern könne.