2013 überstieg die Zahl der Studienanfänger erstmals die Zahl der Auszubildenden. Bildungsforscher fordern die Politik auf, die international so hoch gelobte Duale Ausbildung in Unternehmen und Berufsschulen nicht zu vernachlässigen.

Berlin - Bildungsforscher warnen davor, die international hoch gelobte Duale Ausbildung in Deutschland zu vernachlässigen. Aus dem nationalen Bildungsbericht geht hervor, dass 2013 die Zahl der Studienanfänger erstmals die Zahl der Auszubildenden überstieg. Zwar sei der Wandel noch nicht dramatisch, zumal eine höhere Hochschulquote erwünscht war. Langfristig müsse man aber die Frage beantworten, wie man das Verhältnis von Studierenden und Auszubildenden gestalten wolle, sagte der Sprecher der Autorengruppe, Marcus Hasselhorn. Er regte angesichts der hohen Quoten von Studienabbrechern an, dass „universitär erreichte Zertifikate anrechenbar sind im Dualen System“.

 

Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) räumte ein: „Wir haben ein Problem, wenn die Entwicklung weiter gehen würde“. Es müssten weiterhin auch Leistungsstarke für die berufliche Ausbildung gewonnen werden. Dafür müsse die Durchlässigkeit zwischen Ausbildung und Studium weiter verbessert werden, damit die Wahl des einen Bildungswegs nicht den Zugang zum anderen verschließt. Wer eine Ausbildung erfolgreich bestreite, müsse zum Beispiel leichter im Anschluss studieren können, so Wanka.

Noch immer haben Migranten schlechtere Bildungschancen

Die Forscher sehen das Bildungssystem insgesamt „zwischen Bewegung und Stillstand“. Immer mehr Menschen profitierten von Bildungsangeboten. Mehr Kleinkinder werden mit frühkindlicher Bildung gefördert, die Zahl der Abiturienten, Studienanfänger und Hochschulabsolventen nimmt zu. Auch die Institutionen der beruflichen Weiterbildung melden steigende Zahlen. Aber fast wie in Stein gemeißelt sind die geringeren Chancen jener, die in einem schwierigen sozialen Umfeld aufwachsen. Vor allem Menschen mit Migrationshintergrund finden weiterhin nur schwer Anschluss. Das ist aus Sicht der Forscher besonders Besorgnis erregend, weil der Anteil der Kinder ausländischer Abstammung in den jüngeren Altersgruppen weiter ansteige. Bei den unter Sechsjährigen hat bereits gut ein Drittel einen Migrationshintergrund.

Bei der Eingliederung von Menschen mit Behinderung ins Bildungssystem fordern die Forscher, behutsam vorzugehen. Zunächst müssten strukturelle Probleme gelöst werden. So scheitere eine umfassende Inklusionsstrategie momentan allein schon daran, dass für die Definition, welche Menschen förderbedürftig sind, in Kita, Schule, Ausbildung und Universität verschiedene Maßstäbe gelten. Außerdem fehle ausreichend qualifiziertes Personal. Die viel gescholtenen Sonder- und Förderschulen komplett abzuschaffen halten die Forscher für eine schlechte Idee. Hasselhorn schätzt, dass etwa zwei Prozent der Schüler auch am Ende eines Inklusionsprozesses auf Sonderschulplätze angewiesen sein werden. Der Bericht besagt, dass bei rund 493 000 Schülern in Deutschland sonderpädagogischer Förderbedarf festgestellt wurde. Das sind 6,6 Prozent aller Schüler.