Im Sommer verlässt der frühere Stuttgarter Sami Khedira nach fünf Jahren Real Madrid – und sucht jetzt einen neuen Verein.

Kaiserslautern - Wieder einmal kann sich Lukas Podolski über fehlenden Zuspruch nicht beschweren. Mit Sprechchören feierten die Fans der DFB-Auswahl den lebensfrohen Kölner, noch bevor er mit seinem Treffer zum 2:2-Endstand eine Blamage im Testspiel gegen Australien verhindert hat. Und in den Katakomben des Stadions von Kaiserslautern sitzt danach Sami Khedira und spendet ebenfalls reichlich Lob. Podolski sei für jedes Team ein Gewinn, sagt der Aushilfskapitän, denn er sei „voller Leben und voller Tatendrang“, ein „guter Sportsmann und ein großartiger Mensch“.

 

Was seine eigene Person und Zukunft betrifft, da ist Sami Khedira an diesem Mittwochabend weitaus weniger auskunftsfreudig. „Dazu ist alles gesagt“, erklärt er, „das reicht jetzt.“

Über den „Kicker“ hat der 27-Jährige am gleichen Tag verbreiten lassen, was allseits erwartet worden war: dass er Real Madrid im Sommer verlassen, aus Spanien fortziehen und eine neue Herausforderung suchen werde. Das sei „keine Entscheidung gegen Real“, sagte er dem Magazin, er habe „eine großartige Zeit in einer großartigen Mannschaft“ gehabt. Nun jedoch gelte es, „einen neuen Reiz in meiner Karriere zu setzen und mich selbst weiterzuentwickeln“.

Nach der Weltmeisterschaft 2010 war Khedira vom VfB Stuttgart zu Real gewechselt. Zum großen Publikumsliebling, wie es Podolski von jeher in Deutschland ist, brachte er es bei dem Weltclub aufgrund seiner Spielweise zwar nicht, doch war er vier Jahre lang Stammkraft, was eine gewaltige Leistung ist und für seine starke Persönlichkeit spricht. Genau wie die Berufung in die Startelf beim gewonnenen Champions-League-Finale im vergangenen Mai, vor dem er monatelang wegen eines Kreuzbandrisses ausgefallen war.

Mit eisernem Willen hatte sich Khedira zurückgekämpft, schaffte es auch zur WM in Brasilien – und durfte sich am Ende nicht nur als Weltmeister feiern lassen, sondern auch als Spieler mit ausgeprägtem Mannschaftsgeist: Unmittelbar vor dem Endspiel gegen Argentinien verwies er auf drohende Wadenprobleme und setzte sich freiwillig auf die Ersatzbank.

Den Preis für die Turboheilung, den scheint Khedira allerdings in dieser Saison zu bezahlen. Von einem „Seuchenjahr“ spricht der Mittelfeldspieler, er war regelmäßig verletzt, hat nur 17 Pflichtspiele für Real bestritten, wurde von der spanischen Presse verhöhnt und von den eigenen Fans ausgepfiffen. Er werde dennoch bis zum Schluss „alles dafür tun, um der Mannschaft noch helfen zu können“.

Im Sommer geht die Reise dann weiter – die Frage ist nur, wohin. Als Weltmeister, Champions-League-Sieger und langjähriger Real-Profi hat Khedira den Anspruch, bei seinem neuen Club eine zentrale Führungsrolle zu spielen und entsprechend bezahlt zu werden. Dieser Markt ist begrenzt, zumal nach den vielen Verletzungen die Sorge mitschwingt, Khedira könnte den Zenit seiner Leistungsfähigkeit bereits überschritten haben. Andere sagen, er sei mit 27 jetzt erst im besten Fußballeralter. Pro und Kontra waren auch gegen Australien zu sehen: Khedira strahlte Präsenz im Mittelfeld aus und bereitete sehr dynamisch das 1:0 von Marco Reus vor; er verlor aber auch manchen Zweikampf und lief den flinken Asienmeistern öfter hinterher.

Von einem Angebot des FC Chelsea ist die Rede, dort sitzt José Mourinho auf der Trainerbank, sein früherer Förderer bei Real. Fraglich jedoch, ob Khedira dort die gewünschte Führungsrolle bekäme. Auch aus Italien soll es Anfragen geben. Wahrscheinlicher jedoch ist momentan eine Rückkehr in die Bundesliga.

Der FC Bayern hat kein Interesse, sonst hätten die Münchner Khedira schon im vergangenen Sommer anstelle von Xabi Alonso geholt. Die Werksclubs aus Wolfsburg und Leverkusen hätten die finanziellen Möglichkeiten – genau wie der FC Schalke, zumindest wenn er wieder die Champions League erreicht. Sein großes Interesse an dem ehemaligen Weggefährten beim VfB hat der Schalker Sportchef Sportchef Horst Heldt bereits hinterlegt – auch Khedira scheint nicht abgeneigt. In spanischen Medien wurde zuletzt bereits über eine Einigung berichtet, was der Spieler vehement dementiert. Es gebe „keine Tendenz, null Komma null“, sagte er dem „Kicker“, er sei für alles offen.

Da geht es Khedira übrigens nicht anders als seinem Weltmeisterkollegen Lukas Podolski. Auch er sitzt bei Inter Mailand nur auf der Bank, auch er will sich im Sommer neu orientieren und könnte in die Bundesliga zurückkehren. Sollte es so kommen, wird er wieder der Publikumsliebling sein, so wie am Mittwoch in Kaiserslautern.