Die CDU-Opposition hat nur wenige Wochen vor der Verabschiedung des Nationalparkgesetzes ein Gegenkonzept aus dem Hut gezaubert. Die Vertreter der Region Nordschwarzwald waren im Vorfeld nicht eingebunden. Selbst CDU-Funktionäre bezeichnen den Vorschlag als „abenteuerlich“.

Freudenstadt - Unverständnis, Verärgerung und Spott – so lassen sich die Reaktionen in der Region Nordschwarzwald auf das jüngst von CDU-Landtagsfraktionschef Peter Hauk angekündigte Gegenkonzept zu einem „Bürger-Nationalpark“ zusammen fassen. Für den früheren CDU-Umweltminister Erwin Vetter kommt dieser Vorstoß nach einem rund zweieinhalbjährigen Diskussions- und Beteiligungsprozess und wenige Wochen vor der Verabschiedung des Nationalparkgesetzes im Landtag „reichlich spät“.

 

Das sehen andere auch so, etwa der CDU-Abgeordnete und Landrat Günther-Martin Pauli. Den Vorschlag selbst hält er für „abenteuerlich“, die politische „Performance“ seiner Fraktion geradezu für „unterirdisch“. „Der Vorschlag ist so falsch, dass ich gar nichts mehr dazu sagen will“, sagte Vetter gegenüber der StZ. „Ich will ja meiner Partei nicht schaden“, begründet der 76-Jährige, der in den 1990er Jahren mit dem damaligen Agrarminister Gerhard Weiser (CDU) Vorschläge für einen Nationalpark im Schwarzwald gemacht hatte.

Ex-Fraktionschef Gerhard Goll (CDU) warnt

Völlig schweigen aber will Vetter nicht. Vor der Anhörung des Gesetzentwurfs im Landtagsausschuss am 20. November werde sich die Gruppe der Christdemokraten Pro Nationalpark mit einem Appell zu Wort melden, kündigte er an. Der frühere Fraktionsgeschäftsführer der CDU im Landtag, Gerhard Goll, wollte nicht so lange warten. Er hat seinem Parteifreund Hauk geraten, den Nationalpark zu unterstützen. „Diesen Joker hat sich nun einmal Grün-Rot geschnappt und der CDU weggeschnappt. Es sei denn, sie springt noch auf den Erntewagen auf. Wäre ich noch Fraktionsgeschäftsführer, würde ich dazu raten.“

Goll warnte davor, die Befürworter in der Union zu verprellen. Laut einer Forsa-Umfrage vom August hatten sich 70 Prozent der Bürger im Land für einen Nationalpark ausgesprochen, darunter waren mit 65 Prozent die Anhänger von CDU und SPD gleichauf, bei den Grünen lag die Zustimmung bei 74 Prozent.

Region Nordschwarzwald nicht eingeweiht in Pläne der CDU

Landräte und Oberbürgermeister, zumeist mit CDU-Parteibuch, die zum Teil im Lenkungskreis den Beteiligungsprozess in der Region begleitet hatten, aber auch Bürgermeister der Nationalparkgemeinden waren in die Pläne der CDU-Landtagsfraktion nicht eingeweiht. „Ich wusste nix davon“, sagt selbst Michael Ruf (parteilos), der Bürgermeister von Baiersbronn, der Gemeinde mit der größten Fläche im vorgesehenen Nationalparkgebiet.

Der Freudenstädter Landrat Klaus Michael Rückert (CDU) hält den Vorschlag „nicht für zielführend“, zumal es hinreichend Arbeitskreise und Veranstaltungen vor Ort gegeben habe, an denen sich viele Menschen, seine Mitarbeiter, er selbst und auch genügend Vertreter der CDU eingebracht hätten. Ein Neustart mit einem Bürgernationalpark mache „keinen Sinn“. Auch der Freudenstädter OB Julian Osswald erteilt der Idee der CDU im Landtag „nach zwei Jahren Eiertanz“ eine Absage. Der Landrat des Ortenaukreises, Frank Scherer, (parteilos) hält schon allein den Begriff „Bürgernationalpark“ für ein Unwort. „Werden dort die Bürger sich selbst überlassen?“, fragt er spöttisch. Das Verfahren lobte Scherer: „Die Beteiligung war vorbildlich. Ich wüsste nichts, was man besser machen könnte.“ Von der Opposition wünsche er sich statt eines neuen Konzepts „konstruktive Kritik“. So seien noch viele Fragen offen, etwa zum Finanzrahmen des Nationalparks, für ein touristisches Konzept, für die Verkehrslenkung, schreibt Scherer der Landtags-CDU ins Stammbuch. Hier könnte sie sich zum Wohl der Region einbringen. Scherer sagt: „Ansonsten bin ich fassungslos.“

Der Baden-Badener Oberbürgermeister Wolfgang Gerstner (CDU) hat zu dem Thema eine klare Haltung: „Ich stehe zu dem Nationalpark-Konzept von Minister Bonde.“ Einzig der Rastätter Landrat Jürgen Bäuerle (CDU) kann dem Vorstoß von Peter Hauk eine positive Seite abgewinnen. Das zeige doch, dass die CDU einen Nationalpark „grundsätzlich aufgeschlossen“ gegenüberstehe.

Der CDU-Beteiligungsprozess beginnt mit Geheimtreffen

Die CDU-Fraktion drückt aufs Tempo: Am Samstag soll in Bühlertal das Verfahren zu einem Bürgernationalpark mit einer konstituierenden Sitzung beginnen. Die Fraktionssprecherin wollte den Termin nicht bestätigen.

Wegen der kurzfristigen Einladung (mittwochs per Mail, am Donnerstag per Post) kann der Baiersbronner Bürgermeister Michael Ruf nicht dabei sein, wohl aber der CDU-Wahlkreisabgeordnete Norbert Beck, der stellvertretende CDU-Kreischef Andreas Bombel, der FDP-Gemeinderat Professor Wolfgang Tzschupke. Der weitere Teilnehmerkreis ist nicht bekannt. Nicht eingeladen sind die Landräte und Oberbürgermeister der Region, ebensowenig Experten des Naturschutzzentrums Ruhestein, die den Nationalprozess seit zwei Jahren begleiten.