Attraktion bei den Blauen: Der 21-jährige Innenverteidiger Alwin Komolong aus Papua-Neuguinea träumt von einer Fußball-Karriere. Seine erste Auslandsstation im Profi-Fußball sind die Stuttgarter Kickers.

Sport: Joachim Klumpp (ump)

Stuttgart - Fußball-Exoten hätten die Stuttgarter Kickers in dieser Saison gleich im Dutzend bekommen können. Aber der Regionalligist winkte dankend ab, bei dem Angebot gegen Chinas U 20 anzutreten. Doch bei Alwin Komolong griffen sie gerne zu. Diesen Spieler mit exotischer Herkunft wollen sie ihrem Publikum im besten Fall bei allen 18 Heimspielen präsentieren, so wie bisher gegen Worms und nun gegen Koblenz.

 

„Eine spannende Geschichte“, hat der Trainer Tomasz Kaczmarek zu dem Transfer gemeint. Schließlich spielt nicht alle Tage ein Nationalspieler aus Papua-Neuguinea in Deutschland. Dabei ist es nach dem Nachbarstaat Indonesien und Madagaskar immerhin der drittgrößte Inselstaat der Welt mit etwa acht Millionen Einwohnern. Doch die Nummer 162 der aktuellen Fifa-Rangliste ist eher was für Fußball-Insider. Komolong: „Für einen Spieler aus Neuguinea ist es normalerweise nicht so einfach, nach Europa zu kommen.“

Der Vorteil eines deutschen Passes

Was vor allem an den Regularien der Verbände liegt. Er hat das Glück auch einen deutschen Pass zu besitzen, weil die Mama von hier stammt und ihren Mann vor Jahren beim Studium in Neuseeland kennengelernt hat. Über Australien („dort habe ich mit Fußball angefangen“) ging es zurück in die Heimat des Vaters, wo Rugby („das habe ich auch ein Jahr lang gespielt“) dominiert.

Doch der Fußball holt auf. Was vor allem an der Nationalmannschaft liegt. Rund ein Dutzend Länderspiele hat Komolong bestritten, der bisher größte Erfolg war eine Niederlage. 2016 im Elfmeterschießen gegen Neuseeland um die Ozeanien-Meisterschaft. Bei einem Erfolg hätte vielleicht sogar Komolongs großer Traum – beim Confed-Cup – in Erfüllung gehen können: Ein Länderspiel gegen Deutschland, den Weltmeister. Was nicht ist, kann ja noch werden. Der 21-Jährige will auch international am Ball bleiben, selbst wenn die Kickers versuchen werden, ihn nicht für jedes Länderspiel abzustellen. Diesbezüglich gibt es eine Vereinbarung mit dem Trainer der Nationalmannschaft.

Der aus Dänemark stammt und den der Kickers-Kollege Kaczmarek über ein paar Ecken kennt. Die Empfehlung klang so interessant, dass die Kickers Komolong schon im Winter verpflichten wollten. Doch der Spieler wollte erst seinen Studien-Abschluss machen. An der Northern Kentucky University, wo er nebenher kickte, wobei in den vier Jahren vor allem Wert auf Athletik gelegt wurde. Ansonsten ist ihm die Umstellung leicht gefallen, auch wegen seiner Einstellung. „Ich will die Chance im Profi-Fußball nutzen und so weit wie möglich kommen.“

Wohnung dringend gesucht

Dabei setzt er auch auf Co-Trainer Andre Mijatovic, der selbst in der Bundesliga lange Innenverteidiger gespielt hat. „Ich denke, von ihm kann ich viel lernen.“ Und wer weiß, vielleicht findet sogar sein Nationalteamkollege und Bruder Felix (zudem gibt es zwei weitere Geschwister) mal den Weg zu den Kickers. „Es gibt in Neuguinea sicher Talente, aber es fehlt die Förderung durch die Regierung und den Verband“, sagt er in einem sehr passablen Deutsch, das die Mutter beigebracht hat und die Oma, die er nahe Eckernförde früher mal ein halbes Jahr besucht hat. So gesehen war ihm Deutschland nicht fremd, einen Kulturschock gab es nicht. Nebenbei räumt er mit dem Vorurteil auf, dass es in Neuguinea noch Kannibalen gebe. „Ganz sicher nicht mehr.“

Im übertragenen Sinne will er auf dem Platz die Gegenspieler auffressen. Alwin Komolong wirkt körperlich stabil, zweikampf- und kopfballstark, und dennoch sehr beweglich. Zum persönlichen Glück fehlt ihm nur noch eine Wohnung in Stuttgart. Einstweilen hat er ein Zimmer in der Jugendherberge. Was für einen Fußballprofi wiederum recht exotisch wirkt.