Die Bundeswehr stellt 2015 mit mindestens 2000 Mann die schnelle Eingreiftruppe der westlichen Verteidigungs-Allianz. Damit zieht die Nato eine Konsequenz aus der Ukrainekrise.

Brüssel - Der deutsche Vertreter Frank-Walter Steinmeier reist mit einem großen Gastgeschenk an, wenn er sich an diesem Dienstag mit den anderen Nato-Außenministern in Brüssel trifft. Im Gepäck hat er die Zusage der Bundesregierung, im kommenden Jahr den wohl entscheidenden Beitrag zu leisten, um die im Zuge der Ukrainekrise tief verunsicherten Mitgliedstaaten der Solidarität des Bündnisses zu versichern. Es geht dabei um die schnelle Eingreiftruppe für Osteuropa, welche die Staats- und Regierungschefs bei ihrem Gipfel Anfang September im Grundsatz beschlossen haben. Nun wird – da sich die Lage alles andere als beruhigt hat – das zuerst geplante Startdatum 2016 vorverlegt – mit Hilfe der Bundeswehr.

 

Die Allianz verfügt bereits über eine Eingreiftruppe

„Deutschland, die Niederlande und Norwegen“, kündigte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Montag im Vorfeld des Treffens an, wo der Beschluss gefasst werden soll, würden nächstes Jahr „eine Interimsspeerspitze mit hohem Bereitschaftsgrad bilden“. Die Allianz verfügt bereits über eine schnelle Eingreiftruppe namens Nato Response Force, doch halten die Militärs die bis zu 30 Tage, die bis zu einer Verlegung ins Land ziehen können, inzwischen nicht mehr für zeitgemäß. Der Beschluss von Wales sieht daher vor, die Reaktionszeit auf zwei bis fünf Tage zu reduzieren und dafür innerhalb der bestehenden Truppe eine „Very High Readiness Joint Task Force“ vorzuhalten. Und dies soll nun entgegen der ursprünglichen Planung schon im Lauf des Jahres 2015 der Fall sein.

Übernehmen wird die Aufgabe das in Münster stationierte Deutsch-Niederländische Korps. Dass die Bundeswehr gerade in dieser unruhigen Zeit diese Rolle spielt, ist dabei teilweise ein Zufallsprodukt. So hatte die Bundesregierung vor gut zwei Jahren – also noch vor der Eskalation in der Ukraine – routinemäßig das Münsteraner Korps dafür angemeldet, im Jahr 2015 die Aufgaben der Nato Response Force zu übernehmen, die bis auf einen Hilfseinsatz für Flutopfer in Pakistan noch nie im Einsatz war. Gleichwohl war es eine politische Entscheidung, zusätzlich eine hohe Einsatzbereitschaft mitanzubieten. Die Bundesregierung sieht sich in der Pflicht, dem Konzept rotierender Einheiten, die sich zu Übungszwecken immer wieder in den östlichen Mitgliedstaaten aufhalten, zum Erfolg zu verhelfen. Denn es war nicht zuletzt Kanzlerin Angela Merkel, die beim Nato-Gipfel die Forderung aus Polen und dem Baltikum nach dauerhafter Truppenstationierung in Osteuropa abwehrte.

4000 Bundeswehrsoldaten sind mit von der Partie

Rund 4000 Bundeswehrsoldaten aus Münster bilden damit vom 1. Januar an ein Jahr lang die Nato Response Force. Gut die Hälfte davon, also etwa 2000 Mann der Landstreitkräfte, soll dann einen Großteil der superschnellen Eingreiftruppe stellen, der auch Luft-, See- und Spezialkräfte zugeordnet werden. Dies ist mit höheren Kosten verbunden, da die Soldaten in ständiger Alarmbereitschaft sein müssen und beispielsweise ihre Kasernen nicht verlassen können. In der Bundeswehr wird zudem damit gerechnet, dass Nato-Oberbefehlshaber Philip Breedlove die Einsatzbereitschaft bei unangekündigten Übungen und Manövern in Osteuropa wird testen lassen.

Um ihre schnelle Verlegung zu ermöglichen gehört zum Konzept der Eingreiftruppe für Osteuropa auch, dass sie mit leichtem Gepäck reisen und ihnen die benötigte Infrastruktur vor Ort zur Verfügung gestellt wird. Die Außenminister wollen daher an diesem Dienstag auch beschließen, dass in den sechs Nato-Staaten Estland, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien und Bulgarien sechs Nato-Außenposten mit einer Truppenstärke von jeweils rund 100 Soldaten aufgebaut werden sollen. Nach Ansicht der Nato bleibt man damit unterhalb der Schwelle einer „substanziellen dauerhaften“ Truppenpräsenz, die die Gründungsakte des Nato-Russland-Rates aus dem Jahr 1997 verbietet.