Selbst in ländlichen Gebieten ist es nicht mehr selbstverständlich, dass Kinder wissen, wie Apfelsaft oder Käse hergestellt werden. Deshalb hat der Naturpark Südschwarzwald Unterrichtsmodule zum Themenkreis Natur, Landwirschaft und Kultur entwickelt.

Baden-Württemberg: Heinz Siebold (sie)

Rümmingen - Die Grundschule der südbadischen Gemeinde Rümmingen ist als fünfte Schule im Südschwarzwald als „Naturpark-Schule“ ausgezeichnet worden. Das ist ein Titel, der vom Naturpark Südschwarzwald e. V. verliehen wird, den ersten bekam 2010 die Grundschule in Schonach im Schwarzwald-Baar-Kreis. Weitere in Schönwald, Herrischried und im Kleinen Wiesental folgten. Der Naturpark im Süden des Landes ist mit fast 4000 Quadratkilometern der größte in Deutschland. Solche Landschaftsräume genießen besonderen Schutz, sind jedoch nicht wie ein Nationalpark ausschließlich der Natur überlassen. Die 104 Naturparks umfassen ein Viertel der Gesamtfläche Deutschlands.

 

Die Naturpark-Schulen im Südschwarzwald haben, um den begehrten Titel zu erringen, im Schuljahr 2014/15 fünf Unterrichtsmodule zum Themenkreis Natur, Landwirtschaft und Kultur umgesetzt. Das fast 1250 Jahre alte, selbstständige Rümmingen, fünf Kilometer von der Kreisstadt Lörrach, zehn von der Schweizer Metropole Basel entfernt, zählt 1650 Einwohner und liegt an den Ausläufern des Schwarzwaldes zur Rheinebene idyllisch inmitten von Reben und Obstkulturen.

Naturnaher Unterricht an der Saftpresse

Doch es ist eben selbst dort nicht mehr selbstverständlich, dass Schulkinder wissen, wo der sprichwörtliche „Bartel den Moscht holt“, man muss es ihnen zeigen. Die Rümminger Bürgermeisterin Daniela Meier hatte den Anstoß zur Bewerbung für die Naturpark-Schule gegeben. Schulleitung, Lehrer, der Vorsitzende der Arbeitsgruppe Naturschutz Markgräflerland und ein Berater entwickelten in anderthalb Jahren ein für Rümmingen passendes Unterrichtskonzept. Und so wurden im Herbst letzten Jahres die Erstklässler der Rümminger Grundschule auf einen Obsthof geführt, um eine Saftpresse in Aktion zu erleben. Für eine eigene Ernte in kommenden Jahren pflanzten die Kinder ein Apfelbäumchen.

Geburt eines Kälbchens miterlebt

Richtig aufregend wurde es für die Zweitklässler, sie erlebten auf einem Bauernhof die Geburt eines Kälbchens mit. Nun wissen sie auch, dass die Milch nicht in der Tüte und Käse nicht im Supermarkt entsteht. Andere Klassen erforschten unter sachkundiger Anleitung und mit Lupe Insektenstaubsauger, lasen Fachliteratur über Feld, Flur und Wald, bestimmten Pflanzen und Tiere und folgten dem Weg des gefällten Baumes in die Schreinerei. Die Klasse drei streifte mit Bürgermeisterin Daniela Meier durch die Geschichte des Dorfes bis auf den Friedhof, auf dem der bekannte 1848er-Revolutionär Friedrich Neff begraben ist. Die Identifikation mit der Heimat ist der Bürgermeisterin genauso wichtig wie die Erforschung der Natur. „Wir haben viele zugezogene Familien, auch viele Lehrer von auswärts“, betont Meier, da müsse Orts- und Heimatkunde von klein auf gelehrt werden.

Die Projekte sollen keine Eintagsfliegen gewesen sein, für das kommende Schuljahr sind drei weitere, neue Unterrichtsmodule geplant, die sich mit dem Thema Wasser, mit der Landwirtschaft und mit der Imkerei beschäftigten. Alle Unterrichtseinheiten stehen im Einklang mit dem Bildungsplan und werden fest im Lehrplan verankert, Praxisbezug inklusive. „Das Konzept machen in der Regel externe Pädagogen“, sagt Projektleiter Sebastian Schröder-Esch, „die Lehrkräfte sind mit dem normalen Betrieb schon stark gefordert und werden auf diese Weise unterstützt.“