Wie geht es den Tier- und Pflanzenarten in Deutschland? Dazu legen das Bundesumweltministerium und das Bundesamt für Naturschutz die bisher umfassendste Analyse vor. Das Fazit: es gibt zwar Erfolge, aber auch Anlass zur Sorge.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Berlin - In Deutschland gibt es wieder mehr Seeadler, mehr Biber, mehr Kegelrobben und mehr Wildkatzen. Das ist eines der positiven Ergebnisse, das die größte „Inventur“ der Natur zu Tage gefördert hat, die hierzulande jemals gemacht worden ist. Allerdings fällt die Gesamtbilanz über die Artenvielfalt und den Zustand der unterschiedlichen Natur- und Lebensräume in Deutschland nicht durchgängig positiv aus. Das liegt nicht nur daran, dass die Entwicklung bei vielen Vögeln, Schmetterlingen, Amphibien und Wanderfische negativ war.

 

Von den 195 besonders geschützten Tier- und Pflanzenarten in der Bundesrepublik sind nach den jüngsten Erhebungen der Naturschutzbehörden in Deutschland 29 in schlechtem und 31 Prozent in ungünstigem Zustand. Gut sind die Aussichten nur für 25 Prozent dieser Arten. Das erklärten die Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) und die Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz, Beate Jessel, bei der Vorstellung des ersten umfassenden Berichts zur Lage der Natur in Deutschland gestern in Berlin. Im Rahmen der EU-Vorgaben zum Vogelschutz und der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU wurden in den vergangenen Jahren 12 000 Stichproben erhoben, um die Situation der bedrohten Tier- und Pflanzenarten und den Zustand von 92 unterschiedlichen biologischen Lebensräumen zu erfassen. Damit wurde, so die Umweltministerin Barbara Hendricks, erstmals eine „Generalinventur der biologischen Vielfalt“ erarbeitet.

Professionelle und ehrenamtliche Helfer erkundeten die Bestände von Fledermäusen, Kriechtieren, Amphibien, Säugetieren, Fischen und höheren Pflanzen. Untersucht wurden Biotope von unterschiedlichsten Wiesen und Wäldern angefangen bis hin zu Gebüschen, Mooren, Flüssen, Seen, Höhlen, Gletschern und Felsspalten. Weder Hendricks noch Jessel wollten ein Gesamturteil über den Trend der vergangenen Jahre fällen; dazu seien die Entwicklungen einzelner Arten und Lebensräume zu unterschiedlich. Trotzdem liege mit dem Bericht erstmals eine solide, bundesweite Datenbasis für die Steuerung von Naturschutzmaßnahmen vor, erklärte Beate Jessel.

Es wird schon genug Mais angebaut, sagt die Ministerin

Generell zeigen die Daten, dass die Situation in den Alpen überwiegend günstig ist. „In Nordwestdeutschland mit seiner dichten Besiedlung und seinen landwirtschaftlich oft gut nutzbaren ebenen Flächen ist die Situation am ungünstigsten“, heißt es in dem Bericht. Umweltministerin Hendricks sprach von einem „durchaus gemischten Bild“. Während der Zustand der Wälder sich stabilisiert habe, gebe es bei Flüssen und Mooren einen negativen Trend.

Anlass zur Sorge gäben vor allem die Wiesen und Weiden. Mit Ausnahme zweier Wiesenarten in den Alpen, sind alle Wiesen im Binnenland und in den Küstenregionen in unzureichendem oder schlechtem Zustand. Diese Entwicklung wird verschärft, weil nach wie vor zu viele Flächen in Deutschland verbaut werden und weil viele Wiesen in Äcker umgewandelt werden. „So leiden viele Arten wie Schmetterlinge oder Bienen darunter, dass blütenreiche Wiesen in Maisäcker umgewandelt werden“, sagte Barbara Hendricks.

Die Umweltministerin drang auf einen besseren Schutz von Wiesen und Weiden und kündigte an, dass Bauern Grünland in den zum europäischen Natura-2000-Netz gehörenden Schutzgebieten bald nicht mehr in Äcker umwandeln dürfen. Außerdem will Hendricks den Maisanbau begrenzen. „Bereits heute wachsen auf mehr als 17 Prozent der deutschen Ackerflächen Energiepflanzen – das reicht.“ Neue Biogasanlagen sollen nach ihrem Willen deshalb nur noch Reststoffe, aber keinen Mais direkt vom Acker mehr verwerten dürfen. Darüber hinaus setzt sie sich in Brüssel für eine Deckelung beim Biosprit ein.