Kurz vor dem UN-Umweltgipfel in Rio de Janeiro zeigt eine Studie, wie der Konsum das Artensterben fördert – auch in Deutschland. Die Forscher fordern, die Verbraucher stärker in die Pflicht zu nehmen.

Stuttgart - Es sei eine Frage der Verantwortung, sagt China. Ein Teil der Treibhausgase, die dort produziert würden, gingen auf das Konto der westlichen Industrieländer. Schließlich würden in diesen Ländern die Produkte verbraucht, die China herstellt. In dieselbe Kerbe schlägt nun – zwei Wochen vor dem UN-Umweltgipfel in Rio de Janeiro – ein Forscherteam: 30 Prozent der Tiere und Pflanzen auf der Roten Liste der bedrohten Arten stünden dort, weil sie unter dem globalisierten Handel leiden, schreibt das Team um den deutschen Physiker Manfred Lenzen, der an der Universität von Sydney arbeitet, im Wissenschaftsmagazin „Nature“. Deutsche Verbraucher tragen beispielsweise mit zum Aussterben der Orang-Utans bei, weil deren Lebensraum zerstört wird, um Palmölplantagen anzulegen.

 

Es ist natürlich nicht möglich, eine direkte Linie vom Produkt im deutschen Supermarkt zum Tod eines Orang-Utans auf der Insel Sumatra zu ziehen. Aber in einem Computermodell lässt sich die Rodung des Regenwalds mit den bislang dort lebenden Arten und mit den anschließend dort angebauten Produkten in Zusammenhang bringen. So haben Lenzen und seine Kollegen berechnet, wo die größten Probleme liegen. Deutschland gehört demnach zu den Nationen, die mit ausländischen Produkten am stärksten Mitverantwortung für das Artensterben importieren. Allein auf der Insel Madagaskar würden durch deutschen Konsum 18 Arten bedroht, schreiben die Forscher – beispielsweise die Madagaskar-Schienenschildkröte, weil ihr Lebensraum in Reisfelder umgewandelt wird.

Die Wissenschaftler fordern, neben den Herstellern und Händlern auch die Verbraucher in die Pflicht zu nehmen. Der Biologe Mark Auliya, der am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig bedrohte Arten untersucht, nennt die Studie ernüchternd. Das Computermodell zeige, „dass die Artenvielfalt auf der Strecke bleibt, wenn sich die Wirtschaftsbeziehungen der betroffenen Nationen nicht ändern“. Für die Verbraucher sei es aber nicht leicht, ihren Einfluss geltend zu machen, gibt Auliya zu bedenken. Oft sehe man zum Beispiel nicht, dass ein Produkt Palmöl enthält, weil es in der Zutatenliste als Pflanzenöl angegeben ist.