Aktivisten seilen sich von einer Brücke ab und stoppen den umstrittenen Transport von Atommüll auf dem Neckar. Gerät der Zeitplan auf dem Weg ins Zwischenlager in Gefahr?

Bad Wimpfen - Mit einer Protestaktion in Bad Wimpfen (Kreis Heilbronn) haben Atomkraftgegner den Castor-Transport auf dem Neckar vorübergehend gestoppt. Vier Aktivisten der Umweltschutzorganisation Robin Wood seilten sich mit einem Transparent mit der Aufschrift „Verhindern statt verschieben“ von einer Brücke ab. „Speziell geschulte Kräfte sind auf dem Weg, um die Demonstranten loszumachen“, sagte ein Polizeisprecher am Mittwoch. Das Spezialschiff stand demnach vor Bad Wimpfen. Es ist der erste Transport von hoch radioaktivem Atommüll auf einem Fluss in Deutschland.

 

„Es ist aber einige Entfernung zur Brücke, es gibt keinen Blickkontakt“, sagte der Polizeisprecher. Das Schiff mit drei Castor-Behältern hatte am Morgen am stillgelegten Kernkraftwerk Obrigheim (Neckar-Odenwald-Kreis) Richtung Neckarwestheim abgelegt.

„Die Kletterer werden drei Mal aufgefordert, sich von der Brücke zu entfernen, die unerlaubte Versammlung wird anschließend aufgelöst“, kündigte die Polizei an. „Wir bleiben, solange es geht“, sagte ein Sprecher der Aktivisten. Unter der Brücke patrouillierten Polizeiboote, auf der Brücke und am Ufer waren Sicherheitskräfte.

Proteste auch andernorts

Auch in Heilbronn protestierten Atomkraftgegner gegen den Transport. Redner warfen bei der Kundgebung insbesondere Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) Versagen vor. „Er spricht immer von größtmöglicher Sicherheit - aber in Wahrheit ist es nur die geringste Sicherheit, die das Gesetz vorgibt“, sagte einer der Redner.

Viele der mehrere Dutzend Teilnehmer trugen Transparente mit Sprüchen wie „Castor verschifft: Bevölkerung verladen“ oder „Atomkraft? Nein danke“. „Eine Atomaufsicht, die diesen Namen verdient, gibt es nicht“, sagte ein weiterer Redner. Vom Hauptbahnhof zogen die Demonstranten zum Neckar, wo eine Mahnwache geplant war.

Das Umweltministerium in Stuttgart teilte unterdessen mit, die Strahlenmessungen an der Strecke des Atommüll-Transports deuteten auf einen „einwandfreien“ Ablauf hin. „Gleiches gilt für das Schiff selbst“, hieß es per Twitter. Der für die Atomaufsicht zuständige Umweltminister Untersteller wollte sich am Mittwoch (12.00 Uhr) selbst ein Bild von der Lage machen und an der Schleuse Kochendorf (Bad Friedrichshall) einen der Messpunkte besuchen.

Polizei bewacht Transport

Der Energieversorger EnBW will die Container mit verbrauchten Brennelementen in das Zwischenlager Neckarwestheim (Kreis Heilbronn) bringen. Für die etwa 50 Kilometer lange Strecke auf dem Neckar wurde eine Fahrzeit von etwa zwölf Stunden erwartet. Die Polizei bewacht den Transport unter anderem mit Booten, einem Hubschrauber und Einsatzkräften am Ufer. Der Transport auf dem Fluss sei „eine Verantwortungslosigkeit sondergleichen“, sagte Jochen Stay von der Anti-Atom-Organisation ausgestrahlt.

EnBW hält die Beförderung per Schiff für eine sichere Lösung. Das Unternehmen argumentiert, dass der Transport des Atommülls nach Neckarwestheim den Bau eines Zwischenlagers in Obrigheim überflüssig mache. Das Unternehmen plant in den nächsten Wochen insgesamt fünf Transporte mit je drei Castoren. Damit sollen insgesamt 342 ausgediente Brennelemente nach Neckarwestheim gebracht werden.