Gerhard Bickel ist Hobby-Historiker. In seinem neuen Buch erzählt er die Schicksale von Soldaten aus Neckarrems im Ersten Weltkrieg.

Neckarrems - Gerhard Bickel ist Heimatkundler aus Leidenschaft. Er hat im Eigenverlag schon mehrere Bücher zum Thema veröffentlicht, unter anderem über die Ansiedlung der Affalterbacher Tempel-gesellschaft in Palästina oder über das Wirken der Remsecker Gräfin Fanny Pauline zu Inn- und Knyp-hausen während des Ersten Weltkriegs. Jetzt veröffentlicht Bickel ein neues Werk. Diesmal geht es um Schicksale der Neckarremser Soldaten im Ersten Weltkrieg.
Herr Bickel, wie kamen Sie auf die Idee, ein Buch speziell über Weltkriegssoldaten aus Neckarrems zu schreiben?
2014 ist das große Kriegsgedenkjahr, einige Bücher dazu wie das von Christopher Clark habe ich auch schon gelesen. Und eigentlich wollte ich zunächst gar nichts machen. Ich habe dann aber ein anderes Buch gesehen, das befasste sich mit Baden und Württemberg im Krieg. Ich fand dort aber fast nur Bezüge zu Baden. Da habe ich mir gedacht: das machst du jetzt zu Württemberg, natürlich speziell über meine Geburtsstadt Remseck. Dass es dann nur Neckarrems wurde, liegt daran, dass es eine sehr zeitaufwendige Recherche war.
Wie sah diese Recherche konkret aus?
Im Remsecker Stadtarchiv konnte ich die Einheiten nachvollziehen, die ausmarschiert sind. Außerdem fanden sich in den Gemeinderatsprotokollen Hinweise: Wenn ein Neckarremser gefallen war, wurde das in der Sitzung erwähnt. Zusätzlich konnte ich dann die Kriegsstammrollen und Gefechtspläne im Stuttgarter Hauptstaatsarchiv einsehen. Durch Kombination der Quellen konnte ich dann fast bis auf den Tag genau nachvollziehen, wer wann wo gefallen ist. Dazu kamen dann noch Briefe und Postkarten, die zu entziffern nicht einfach waren. Zum einen wegen der altdeutschen Schrift. Und mancher Soldat hatte eben auch eine Sauklaue.
Das klingt in der Tat aufwendig.
Ist es auch, eine reine Fleißarbeit. Ich saß seit Februar dauernd im Archiv und kann mit einigem Fug und Recht behaupten, dass es manchmal sogar Tag und Nacht war. Ich bin ohnehin eher nachtaktiv.
Hat Sie bei der Recherche etwas überrascht?
Ja, vor allem die kleinen Details. Der Verlauf der Schlachten ist hinlänglich bekannt. Dass die Frauen der Gemeinde aber gemeinschaftlich Socken für die Front strickten, nicht. Oder dass an der Ostfront in Rumänien viele Soldaten an Fleckfieber starben. In den Dokumenten der Gemeinde steht trotzdem „gefallen“, dabei stimmt das nicht. Insgesamt gingen 164 Neckarremser an die Front, zurück kamen nur 116.
Sie selbst werden im Dezember 70 Jahre alt. Welchen persönlichen Bezug haben Sie zum Ersten Weltkrieg?
Einige Veteranen habe ich noch persönlich kennen gelernt. Mein Vater nahm mich als Kind oft ins Ratsstüble mit, da saßen dann die alten Herren am Stammtisch, in der Mitte eine Schnupftabakdose, und haben vom Krieg erzählt. Namen wie Verdun, Ardennenwald und Fort Douaumont waren schon als Kind in meinen Ohren. Mein Großvater, selbst Soldat im Ersten Weltkrieg, meinte nur: „Wer so viel darüber redet, hat nichts erlebt.“