Einmal im Jahr muss die Kammer trockengelegt, gereinigt und repariert werden.

Obertürkheim - Mit dem Auto fährt man in die Werkstatt, wenn die Inspektion ansteht. Doch eine Schleuse, das ist schon eine ganz andere Angelegenheit. Neun Tage lang muss der Neckar für die Schifffahrt gesperrt werden. Zig Maschinen sind im Einsatz – viele Menschen müssen Hand anlegen: Taucher, Kranführer, Schiffsführer, Bauarbeiter, Inspektoren, sie alle packen kräftig an. Denn die Reeder und Kapitäne der Binnenschifffahrt warten ungeduldig. Zeit ist schließlich Geld.

 

Keine Hektik: Jeder Handgriff sitzt

So kommt es auch, dass in diesem Juli sechs Neckarschleusen von Horkheim bis nach Oberesslingen gleichzeitig unter die Lupe genommen werden. In Obertürkheim haben sich rund 20 Männer an diesem frühen Morgen eingefunden. Jeder Handgriff sitzt. Von Hektik ist hier nichts zu spüren. In der Schleuse ist noch Wasser, in dem ein Arbeitsschiff schwimmt. Darauf steht ein ganz normaler gelber Bagger – allerdings ohne Schaufel. Der Mann im Schiffsführerhäuschen hat seine Hebel im Griff, fährt mal das Boot ein Stück vor und lässt es dann wieder flussabwärts treiben. Aber immer genau so, dass die Arbeiter auf dem Schiff genau dort an der Schleusenwand arbeiten können, wo sie es auch sollen. Per Funk verständigt sich der Schiffsführer mit dem Schleusenwärter über die Wasserhöhe. Mit einer Bohrmaschine bohrt ein Arbeiter Löcher in die Betonwand.

„Im Moment müssen wir die Pumpen setzen“, sagt Norbert Hauser, der den Außenbezirk Stuttgart beim Wasser- und Schifffahrtsamt der Landeshauptstadt leitet: zwei Stück im Oberhaupt und zwei im Unterhaupt. Soll heißen: an beiden Enden der Schleusenkammer werden Pumpen versenkt, die durch dicke Stahlrohre das Restwasser aus der Kammer abpumpen sollen. Die Bohrlöcher sind für die Rohrschellen gedacht, an denen die Stahlrohre befestigt werden. Bis alles an seinem Ort sitzt, dauert es einige Stunden.

Ein Taucher dirigiert die Stahlplatten

In Oberesslingen sind die Männer an diesem Vormittag schon ein ganzes Stück weiter. Dort kann man sehen, was in Obertürkheim erst später passieren soll: An beiden Enden dieser Schleuse werden gerade die Revisionsverschlüsse eingebaut. Das sind große Stahltore, die das Wasser flussauf- und abwärts abhalten sollen.

Vor dem oberen Tor sitzt schon der Schwimmer in seinen Nischen. Das ist eine Metallbrücke, die einen Meter tief ins Wasser ragt, einen Meter breit ist und genauso lang, dass sie in zwei vorgefertigte Nischen an beiden Schleusenwänden eingepasst werden kann. Genau darunter, am Grund der Schleuseneinfahrt ist eine Vertiefung im Boden. „Die müssen wir erst freispülen“, sagt der Wasserbauer Dennis Trapp und zeigt auf einen Mann im Taucheranzug, der sich gerade für seinen Sprung in den Fluss fertig macht. Der Taucher soll Stahlplatten dirigieren und in die Vertiefung einpassen. Mit dem Schwimmer zusammen bilden sie schließlich ein großes Stahltor, das noch mit Hochofenschlacke abgedichtet wird. „Einen Tag muss man dafür rechnen“, sagt Hauser. Dann kann die eigentliche Inspektion beginnen.

Die Schleuse in Obertürkheim ist dabei ein besonderer Kandidat: denn nur eine der beiden Kammern ist ausgebaut und kann für die Schifffahrt verwendet werden. Hinzu kommt noch: „In Obertürkheim haben wir das höchste Schleusentor“, sagt Hauser. Allein neun Meter Höhendifferenz müssen die Schiffe hier überwinden. In die Tiefe geht das flussabwärts liegende Tor 3,50 Meter ins Wasser und ragt – wenn die Schleusenkammer voll ist – noch einen Meter über den Wasserspiegel. Macht zusammen 13,50 Meter. „Das Tor muss einen großen Druck aushalten“, sagt Dennis Trapp. Eine sogenannte handnahe Prüfung – wie sie gerade geschieht – ist zwar nur alle sechs Jahre vorgesehen. Doch die Wasserbauer kennen ihr Problemkind und überprüfen Obertürkheim jedes Jahr aufs Neue.