Für die Wirtschaft in Baden-Württemberg ist die Unsicherheit groß. Wirtschaftsminister Schmid sieht nun Griechenland am Zug. Die Wirtschaft sie sehr besorgt, sagte Georg Fichtner, Präsident der IHK Region Stuttgart.

Stuttgart - Nach dem Nein der Griechen zum Sparpaket wächst in Baden-Württemberg die Sorge vor den möglichen Folgen. „Die Wirtschaft ist sehr besorgt über die Lage in Griechenland“, sagte Georg Fichtner, Federführer Außenwirtschaft der baden-württembergischen IHK und Präsident der IHK Region Stuttgart, am Montag in Stuttgart.

 

Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) mahnte, die humanitäre Situation in Griechenland dürfe nicht aus dem Blick verloren werden. Der Vorsitzende der Deutsch-Griechischen Gesellschaft Heidelberg, Pantelis Nikitopoulos, warb um mehr Verständnis für die Bürger in Griechenland.

Bei der Volksabstimmung am Sonntag hatte eine klare Mehrheit gegen die strikten Sparvorgaben der Gläubiger gestimmt. „Die Griechen haben ein klares Votum abgegeben“, sagte Schmid. Jetzt sei die griechische Regierung am Zug. „Sie muss einen Vorschlag auf den Tisch legen, wie es weitergehen soll. Nicht die EU.“

Der Rücktritt des umstrittenen griechischen Finanzministers Gianis Varoufakis dürfte neue Gespräche erleichtern. Um den Scherbenhaufen, den Varoufakis angerichtet habe, müssten sich nun allerdings andere kümmern.

Fichtner sagte, die Unternehmen im Land beobachteten die Lage in Griechenland genau. „Auch wenn der Anteil Griechenlands am Gesamtexport baden-württembergischer Unternehmen nur bei 0,4 Prozent liegt: Wir haben es hier mit einer Krise des europäischen Wirtschaftssystems zu tun.“ Die Auswirkungen auf die Finanzmärkte, Wechselkurse und die Zukunft der Europäischen Union seien nicht absehbar.

Griechen werden als faul beschimpft

Nikitopoulos sagte, für ihn sei nachvollziehbar, warum die Griechen beim Referendum mit Nein gestimmt haben. Die Wut der Hellenen auf die von Europa verordnete Sparpolitik sei groß, denn die Auswirkungen seien dramatisch, betonte der Volkswirt. Die Wirtschaftskraft in Griechenland sei drastisch gesunken, immer mehr Menschen lebten in Armut. Natürlich gebe es viel zu kritisieren an Griechenland, aber auch Europa habe Fehler gemacht. Es sei mehr als fraglich, ob das Spardiktat der EU wirklich hilfreich sei.

Für die Griechen in Deutschland sei die aktuelle Situation sehr unangenehm, sagte Nikitopoulos. Sie würden als faul und arbeitsscheu beschimpft, dabei sei dieser Vorwurf völlig absurd. Er habe das Gefühl, dass sie zum Sündenbock für die Unzufriedenheit vieler Deutscher mit Europa gemacht würden. Viele Griechen hätten sich inzwischen eingekapselt. Allein in Baden-Württemberg leben laut Statistischem Landesamt mehr als 77.000 Menschen mit griechischer Staatsangehörigkeit.