Fragt ein Journalist in der Gerichtskantine unter den speisenden Juristen herum, was von den rechtsgesinnten Advokaten zu halten sei, werden die Stimmen gedämpft. Natürlich gebe es Vorbehalte, weil über Hammers und Heinigs dubiose Biografien manches durchgesickert sei. Doch im Arbeitsalltag seien das normale Kollegen, man merke ihnen nicht an, dass sie einst bei Skinhead-Konzerten auftraten. Wie auch? Im Gerichtssaal stellt Hammer seinen tätowierten Oberkörper nicht zur Schau und singt auch nicht: „Kennst du das Land, wo man täglich vor Rassisten warnt, während man den Mord an unserem Volke plant. Kennst du dieses Land? Deutschland wird’s genannt.“

 

Die Rechtsanwaltskammer ist zwar über die braunen Umtriebe in ihrer bunten Herde seit vielen Jahren bestens informiert, doch der Versuch, Steffen Hammer aus der Standesvertretung auszuschließen, weil sich laut Gesetz Advokaten „ihrer Stellung würdig erweisen müssen“, ist vor zehn Jahren gescheitert. Die Staatsanwaltschaft Tübingen wollte kein Ermittlungsverfahren einleiten, weil sich ein Anfangsverdacht auf Volksverhetzung oder Aufforderung zur Gewalt nicht bestätigt habe. Was Hammer mit der vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuften Band Noie Werte treibe, sei berufsrechtlich nicht relevant.

Tatsächlich hat der Rechtsrocker stets darauf geachtet, dass er sich im juristischen Sinne nicht die Finger schmutzig macht. Erstens trat Hammer mehrfach im Ausland auf, und damit unerreichbar für deutsche Ermittler. Zweitens zeigte er selbst keinen Hitlergruß. Drittens hat er seine Liedtexte clever formuliert, voller Andeutungen, die Interpretationsspielraum bieten. Ein Beispiel: „Ich kenne deinen Namen, ich kenne dein Gesicht, du bist die Faust nicht wert, die deine Nase bricht“, sang Hammer am 2. September 2006 im norditalienischen Dorf Revine Lago. Der Rechtsanwalt Steffen Hammer kündigte das Stück als „Song against the fucking Media“ an, als Lied gegen die Scheißpresse.

Hammer und Heinig distanzieren sich nicht

Die Presse würde gerne erfahren, wie Steffen Hammer und Alexander Heinig solche Auftritte rückblickend bewerten und wie sie ihre politische Gesinnung aktuell beschreiben. Doch die beiden Anwälte verzichten auf die Chance, sich öffentlich vom Rechtsextremismus zu distanzieren. Am Telefon bezeichnet Heinig den seit Jahren in der Szene recherchierenden Reporter als „Witzfigur“, und Hammer antwortet auf eine E-Mail der Stuttgarter Zeitung: „Mich haben die von Ihnen übersendeten Fragen nur in meiner Entscheidung bestärkt, Ihnen kein Interview zu geben, zumal die Zielrichtung der Fragen einen objektiven Bericht nicht erwarten lässt.“

Ein paar Jahre später, inzwischen ist er Volljurist, drückt er seine Einstellung zu Migranten in einem Leserbrief an die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ gewählter aus: „Selbstverständlich ist die Tatsache, dass Zuwanderung die öffentlichen Kassen nur belastet, jedem Politiker in Berlin bekannt. Wann aber folgen hieraus politische Konsequenzen?“

Auch Steffen Hammers gestörtes Verhältnis zu Mitmenschen aus fremden Kulturen ist belegt: Ende der 90er Jahre feuert der Noie-Werte-Frontmann den Drummer der Band, weil der sich in eine Halbmexikanerin verliebt hat. Nach dem Rauswurf erscheint im Internet eine Annonce: „Die Musikgruppe Noie Werte aus Stuttgart sucht einen erfahrenen Schlagzeuger, der durch lange Zugehörigkeit zur rechten Szene charakterlich gefestigt ist.“

Skinhead-Rocker sind heute als Rechtsanwälte tätig

Die letzte CD von Heinigs Gruppe Ultima Ratio erschien 2003, Hammers Noie Werte wurde im Dezember 2010 aufgelöst. Heute firmieren die einstigen Skinhead-Rocker als „Rechtsanwälte in Bürogemeinschaft“ im Stuttgarter Osten. Auf der Homepage stellt sich der eine als „Steffen Wilfried Hammer, Fachanwalt für Familienrecht“ vor, Alexander Heinig nennt als Schwerpunkte seiner Tätigkeit „das Mietrecht, vor allem aber das Erbrecht sowie das Arbeitsrecht“. Ihr berufliches Engagement für Neonazis erwähnen sie mit keinem Wort.

Dabei gäbe es über dieses Spezialgebiet einiges zu berichten: Zu Steffen Hammers Mandanten zählten beispielsweise ein 22-Jähriger, der kürzlich in Leonberg einen Antifaschisten mit einer Gasschreckpistole ins Auge geschossen hat, ein aus Offenburg stammender Versicherungsmakler, der einen Linksaktivisten im Südbadischen mit einem Mitsubishi überfahren hat, sowie ein baden-württembergischer NPD-Funktionär, der sich der Wahl- und Urkundenfälschung schuldig gemacht hat.

Sie verteidigen die Kameraden

Alexander Heinig war Anwalt von rechtsextremen Gruppierungen wie dem Mühlacker Stallhaus Germania, der Kameradschaft Karlsruhe und dem Heidnischen Sturm Pforzheim. Unlängst verteidigte er den Veranstaltungsleiter eines Naziaufmarsches in Göppingen, der Wehrmacht-Sprechchöre zugelassen hatte. Vor dem Amtsgericht argumentierte der Jurist, die Streitkräfte im nationalsozialistischen Deutschland seien politisch ähnlich unbelastet wie die Reichspost und die Reichsbahn.

Gemeinsam vertrat das Duo Hammer/Heinig Aktivisten des Nationalen Info-Telefons Karlsruhe, die „Ruhm und Ehre der Waffen-SS“ auf ihren Anrufbeantworter gesprochen hatten. Auch beim Prozess gegen die Mannheimer Skinhead-Band Bosheit mischten die im Wortsinn sachkundigen Stuttgarter Juristen mit. Bosheit hatte bei einem Konzert ein volksverhetzendes Lied gesungen: „Wetzt die langen Messer auf dem Bürgersteig, lasst die Messer flutschen in den Judenleib . . .“

Es gehört zum Beruf des Rechtsanwalts, die Interessen von Menschen mit zweifelhaftem Leumund zu vertreten, und jeder Bürger hat ein Recht auf einen Verteidiger seiner Wahl. Der für den Rechtsstaat kritische Punkt ist: Hammer und Heinig sind nicht nur Verteidiger der Neonazis, sondern zählen aufgrund ihrer Vergangenheit als rechte Musiker auch zu deren Idolen.

Der NSU hat ein Noie-Werte-Lied verwendet

Die Thüringer Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU), die zehn Morde an Migranten begangen hat, garnierte ein selbst produziertes Video mit Noie-Werte-Liedern. Zu sehen sind dunkelbraune Felder, die jeweils einer Gewalttat zugeordnet sind. Nach jeder Sequenz wird – verbunden mit einer sich wiederholenden Einführung – der Name eines Opfers genannt, etwa des Nürnberger Blumenhändlers, der im September 2000 erschossen wurde: „Enver Simsek ist nun klar, wie ernst uns der Erhalt der deutschen Nation ist“, heißt es. Oder: „Habil Kilic ist nun klar . . .“ Dazu werden Fotos der Getöteten eingeblendet sowie Steffen Hammers Gesang: „Wir sind am Puls der Zeit, der Widerstand ist bereit!“ oder „Alle, die sich unsere Feinde nennen, die werden wir ewig hassen und kämpfen werden wir gegen sie, bis sie unser Land verlassen!“ Die CD „Kraft für Deutschland“, von der dieses Stück stammt, war bereits 1992 von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften indiziert worden, da ihr Inhalt „zu Gewalttätigkeit und Rassenhass reizt und immanent nationalsozialistisches Ideengut vertritt“.

Ende 2011, als das NSU-Video vom Generalbundesanwalt öffentlich gemacht wurde, arbeiteten Hammer und Heinig in der Sozietät H3. Das dritte H steht für den Kanzleimitbegründer Harsch, Vorname Klaus. Offenbar aus Sorge um seinen Ruf trennte sich das CDU-Mitglied Harsch – gegen ihn läuft ein Parteiausschlussverfahren – von seinen beiden männlichen Kollegen sowie von der Anwältin Nicole Schneiders, die Mitglied der NPD in Jena gewesen war.

Schneiders hat daraufhin in der Karlsruher Innenstadt eine eigene Kanzlei eröffnet. Aktuell vertritt die Rechtsanwältin ihren ehemaligen Jenaer NPD-Parteifreund Ralf W., der als Waffenlieferant in die NSU-Morde verwickelt sein soll, sowie die Einzelhandelskauffrau Katharina B., die als einzige Frau nach der Hetzjagd auf die Migranten in Winterbach angeklagt wurde. Im Saal 1 des Stuttgarter Landgerichts trifft Schneiders am heutigen Donnerstag bei der Fortsetzung des Mammutprozesses wieder ihre einstigen Kanzleikollegen Hammer und Heinig.

Über den Kollegen spricht man nur gedämpft

Fragt ein Journalist in der Gerichtskantine unter den speisenden Juristen herum, was von den rechtsgesinnten Advokaten zu halten sei, werden die Stimmen gedämpft. Natürlich gebe es Vorbehalte, weil über Hammers und Heinigs dubiose Biografien manches durchgesickert sei. Doch im Arbeitsalltag seien das normale Kollegen, man merke ihnen nicht an, dass sie einst bei Skinhead-Konzerten auftraten. Wie auch? Im Gerichtssaal stellt Hammer seinen tätowierten Oberkörper nicht zur Schau und singt auch nicht: „Kennst du das Land, wo man täglich vor Rassisten warnt, während man den Mord an unserem Volke plant. Kennst du dieses Land? Deutschland wird’s genannt.“

Die Rechtsanwaltskammer ist zwar über die braunen Umtriebe in ihrer bunten Herde seit vielen Jahren bestens informiert, doch der Versuch, Steffen Hammer aus der Standesvertretung auszuschließen, weil sich laut Gesetz Advokaten „ihrer Stellung würdig erweisen müssen“, ist vor zehn Jahren gescheitert. Die Staatsanwaltschaft Tübingen wollte kein Ermittlungsverfahren einleiten, weil sich ein Anfangsverdacht auf Volksverhetzung oder Aufforderung zur Gewalt nicht bestätigt habe. Was Hammer mit der vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuften Band Noie Werte treibe, sei berufsrechtlich nicht relevant.

Tatsächlich hat der Rechtsrocker stets darauf geachtet, dass er sich im juristischen Sinne nicht die Finger schmutzig macht. Erstens trat Hammer mehrfach im Ausland auf, und damit unerreichbar für deutsche Ermittler. Zweitens zeigte er selbst keinen Hitlergruß. Drittens hat er seine Liedtexte clever formuliert, voller Andeutungen, die Interpretationsspielraum bieten. Ein Beispiel: „Ich kenne deinen Namen, ich kenne dein Gesicht, du bist die Faust nicht wert, die deine Nase bricht“, sang Hammer am 2. September 2006 im norditalienischen Dorf Revine Lago. Der Rechtsanwalt Steffen Hammer kündigte das Stück als „Song against the fucking Media“ an, als Lied gegen die Scheißpresse.

Hammer und Heinig distanzieren sich nicht

Die Presse würde gerne erfahren, wie Steffen Hammer und Alexander Heinig solche Auftritte rückblickend bewerten und wie sie ihre politische Gesinnung aktuell beschreiben. Doch die beiden Anwälte verzichten auf die Chance, sich öffentlich vom Rechtsextremismus zu distanzieren. Am Telefon bezeichnet Heinig den seit Jahren in der Szene recherchierenden Reporter als „Witzfigur“, und Hammer antwortet auf eine E-Mail der Stuttgarter Zeitung: „Mich haben die von Ihnen übersendeten Fragen nur in meiner Entscheidung bestärkt, Ihnen kein Interview zu geben, zumal die Zielrichtung der Fragen einen objektiven Bericht nicht erwarten lässt.“

Das subjektive Fazit lautet: Steffen Hammer und Alexander Heinig unterstützen die rechtsextreme Szene. Früher unter dem Schutz der Kunstfreiheit auf Konzertbühnen, heute unter dem Schutz der Berufsfreiheit in Gerichtssälen.