Das Bundeskriminalamt ermittelt gegen mutmaßliche Unterstützer der Zwickauer Zelle - allein, es fehlen die Beweise. Jetzt soll die Öffentlichkeit helfen.

Karlsruhe - Das Bundeskriminalamt ermittelt mit Nachdruck gegen einen weiteren mutmaßlichen Unterstützer der rechtsterroristischen Vereinigung Nationalsozialistischer Untergrund ("NSU"). Die Beweise reichen aber bis jetzt für einen Haftbefehl nicht aus. Dies erklärten Generalbundesanwalt Harald Range und der Präsident des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke, am Donnerstag auf einer Pressekonferenz in Karlsruhe. Der Verdächtige soll dem Terroristentrio seine Ausweispapiere zur Verfügung gestellt haben. Ziercke deutete in diesem Zusammenhang an, dass die Behauptung widerlegt werden müsse, die Ausweise seien verloren worden.

 

Range sagte, die Festnahme des früheren NPD-Funktionärs Ralf Wohlleben belege die Nähe der Terrorzelle zu der rechtsextremen Partei. Ziercke ergänzte: "Wir werden noch weitere Beziehungen zur NPD entdecken." Die Politik müsse dann ihre Schlüsse daraus ziehen. Einzelheiten nannte Ziercke allerdings nicht. Es gebe auch noch keine Hinweise auf eine logistische Unterstützung. Man ermittle gegen Personen, nicht gegen eine Partei.

Die Taten sind sorgfältig geplant worden

Zu einzelnen dem "NSU" zugeordneten Mordfällen seien in der Zwickauer Unterkunft der Terroristen auch Schriftstücke und Skizzen gefunden worden, die ihre Täterschaft belegten und zudem deutlich machten, dass die Taten sorgfältig geplant und vorbreitet gewesen seien. Zu dem Mord an der Heilbronner Polizistin sind solche Unterlagen bisher allerdings nicht gefunden worden. Ziercke zeigte sich aber überzeugt, dass die Täter auch in diesem Fall geplant und gezielt gemordet haben. Das Bundeskriminalamt sucht deshalb das bisher unbekannte Motiv für die Heilbronner Tat über die "räumlichen Schnittmengen" zwischen der Tätergruppe und dem Opfer. Dies bedeute ausdrücklich nicht, dass die ermordete Polizistin oder deren Familie Kontakt zu Rechtsextremisten gehabt hätten, sagte der BKA-Chef.

Auffällig zurückhaltend äußerte sich Ziercke zu der Rolle des Thüringer Verfassungsschutzes. "Nach derzeitigem Stand" habe er keine Erkenntnisse darüber, dass der Verfassungsschutz Kontakte zu der inzwischen inhaftierten Beate Zschopau und den getöteten Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos gehabt habe. Zuvor hatte Zielcke aber betont, er könne "noch nichts Abschließendes sagen."

Ziercke verteidigt Arbeit der Polizei

Der Generalbundesanwalt legte nahe, dass seine Behörde auch gegen einen Mitarbeiter des hessischen Verfassungsschutzes ermittelt, der bei einem der Morde am Tatort war. Auf eine entsprechende Frage antwortete Range, seine Behörde habe alle entsprechenden Verfahren an sich gezogen. Ziercke sagte, es gebe aber keine Hinweise darauf, dass dieser Mann auch an anderen Tatorten gewesen sei.

Mit Nachdruck verteidigte Ziercke die Arbeit der Polizei in den vergangenen Jahren. Die Ermittler seien im Zusammenhang mit den Morden an den türkischen und dem griechischen Kleingewerbetreibenden allen Spuren nachgegangen. Es habe durchaus Anlässe gegeben, Glücksspiel, Drogenhandel und mafiöse Kontakte als Mordmotiv zu überprüfen. Auf eine entscheidende Spur sei man bei den Ermittlungen damals aber nicht gestoßen. Nach dem untergetauchten Rechtsextermistentrio, das bereits seit dem Jahr 1998 mit Haftbefehl gesucht worden war, sei intensiv gefahndet worden. Zu Berichten, eine geplante Verhaftung der drei sei damals kurzfristig abgesagt worden, wollte sich Ziercke nicht äußern. Das sei Sache des Landes.

Mehrere Tausend ungeklärte Fälle werden erneut überprüft

Die Bundesanwaltschaft und das Bundeskriminalamt haben eine Öffentlichkeitsfahndung gestartet. Sie hoffen, dadurch Hinweise zu bekommen, wo sich die mutmaßlichen Mitglieder des "NSU", Zschäpe, Böhnhardt und Mundlos, in den vergangenen Jahren aufgehalten haben. Dabei geht es insbesondere um Campingplätze und Kfz-Anmietungen.

Nach Angaben Zierckes werden mehrere Tausend bisher ungeklärte Fälle mit einem möglichen rechtsextremen Hintergrund nun erneut überprüft.