Der Höllenritt von Iñárritu („Babel“, „Birdman“) beginnt noch im fassbar sozialen Dreck. Die Jagdexpedition, die er uns zeigt, ist kein Haufen Eigenbrötler (u. a. Tom Hardy, Will Poulter), es ist eine Bande, ein räuberischer, verrohter, profitgeiler Mob, der sich von den Bestien der Wildnis durch die Unfähigkeit unterscheidet, sich in kleinen sozialen Gruppen zu Nutz und Frommen aller an Regeln zu halten. Wenn dies Wölfe sind,dann sind es tollwütige Kreaturen, wobei Hugh Glass in der Variante DiCaprios noch ein bisschen besser dasteht als die anderen. Er wird gepeinigt von den Erinnerungen an die Ermordung seiner indianischen Frau. Umgeben ist er von Skalpjägern, Halsabschneidern, Vergewaltigungsprahlern, deren äußere Dreck- und Grindschichten, die ihnen Wald und Wetter, Kampf und Voranstolpern verschafft haben, die passende Einkleidung ihres inneren Schmutzes darstellen.

 

Aber spätestens wenn Glass der Bärin gegenübersteht, die nur ihre Jungen verteidigt, die den wilden Kampf gegen den Mann aber verlieren wird, landen wir auf einer anderen Ebene. Ohne Mutter, wird im Dialog betont, werden nun auch die kleinen Grizzlys sterben. Die allgemeine destruktive Wirkung der menschlichen Überlebenskraft wird sichtbar. Immer wieder zeigt die Kamera Bäume, Himmel und den Fluss, als träume sie zur Erholung von einer Welt ohne zweibeinige Aggressionsmeister. Iñárritu gelingt dann, was Terrence Malick unter anderem mit „The New World“ zur Karikatur geriet: aus Bildern des nackten Existenzkampfs ein philosophisches Werk zu machen. Gleich zum Auftakt des Kinojahres bekommen wir einen Film für die Ewigkeit geboten.