Der StZ liegen Informationen vor, dass die Bahn dem Bundestag Kosten vorenthalten hat. Der geplante Schienenweg nach Ulm wird demnach viel teurer.

Stuttgart - Die Deutsche Bahn (DB) hat offenbar mit Wissen der früheren CDU-geführten Landesregierung dem Deutschen Bundestag milliardenschwere Mehrkosten für den Bau der ICE-Strecke Wendlingen-Ulm verschwiegen. Das geht aus DB-internen Papieren und Gesprächsprotokollen vor, die der StZ vorliegen.

 

Ziel des Konzerns war es demnach, sicherzustellen, dass die geplante Neubautrasse im Bundesverkehrswegeplan in die Kategorie vordringlicher Bedarf eingestuft wird. Dieser Plan wurde 2003 vom Parlament unter der damaligen rot-grünen Bundesregierung auf der Basis der offiziellen Kalkulation von 1,35 Milliarden Euro beschlossen. Zu diesem Zeitpunkt, das zeigt eine DB-interne Analyse vom 15.Oktober 2002, hatten die Projektplaner des Konzerns intern die Baukosten für die Schnellbahnstrecke aber bereits auf 2,6 Milliarden Euro veranschlagt.

Bau- und Vergabestopp erneut ins Gespräch gebracht

Diese Berechnungen wurden dem Bundestag nach den Recherchen der StZ wissentlich vorenthalten, um die auch für den geplanten Bau von Stuttgart 21 zwingend notwendige Schnellbahnstrecke, die zu großen Teilen vom Bund finanziert wird, nicht zu gefährden. Das zeigt ein Gesprächsprotokoll eines Treffens zwischen DB-Verantwortlichen und Vertretern der damaligen Landesregierung vom Juni 2003. Bei dem Treffen gab Eckart Fricke, seinerzeit in leitender Funktion bei der Bahntochter DB Netz tätig, die Losung aus, bis zur Verabschiedung des Bundesverkehrswegeplans keine neuen Baukosten zu kommunizieren, um "keine unzeitgemäße Diskussion auszulösen". Fricke, der heute DB-Bevollmächtigter für Baden-Württemberg ist, bestätigte die Aussage gegenüber der StZ, wollte dies aber nicht als Täuschung des Parlaments verstanden wissen.

Die Landesregierung hat am Dienstag erneut einen Bau- und Vergabestopp für Stuttgart 21 ins Gespräch gebracht. Nach dem Willen von Grün-Rot sollen keine Aufträge vergeben werden, bis die Bürger über das Milliardenvorhaben in einem Referendum entschieden haben. "Wir überlegen. Aber ob und wie wir das machen, ist noch offen", sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) zum Thema Bau- und Vergabestopp. Überlegt werde auch, ob sich das Land in diesem Fall an den Kosten beteilige.

Kretschmann sagte, er gehe davon aus, dass die Ergebnisse des Stresstests bis Ende Juli abschließend von Befürwortern und Gegner besprochen würden. Er rechne mit dem 14. Juli als Einstiegstermin. Nach Einschätzung der Regierung könnte sich der Volksentscheid dann bis in den November verzögern. Ursprünglich sollte dieser im Oktober stattfinden. Landesjustizminister Rainer Stickelberger (SPD) sagte, erst im September könne das Ausstiegsgesetz im Landtag beraten und verabschiedet werden. Danach benötige man für die Vorbereitungen zwei Monate, ergänzte Landesinnenminister Reinhold Gall (SPD).