Die Bahn wird stärker als geplant am Bau der ICE-Strecke zwischen Wendlingen und Ulm beteiligt. Das entlastet den Landesverkehrsetat.

Stuttgart - Die Bundesregierung hat offenbar einen Weg gefunden, die Deutsche Bahn finanziell stärker als bisher geplant an den Mehrkosten für den Bau der ICE-Hochgeschwindigkeitstrasse zwischen Wendlingen und Ulm zu beteiligen. Wie der Staatsekretär im Bundesverkehrsministerium, Klaus-Dieter-Scheurle, am Donnerstag mitteilte, wird die Bahn AG laut Kabinettsbeschluss ihre jährliche Dividendenzahlung an den Eigentümer Bund von 500 Millionen Euro in den Jahren 2012 bis 2014 um 25 Millionen Euro erhöhen.

 

Den Mehrerlös investiert der Bund als alleiniger Anteilseigner des Schienenkonzerns dann wiederum in die von der Bahn geplanten Neu- und Ausbaustrecken, darunter auch die ICE-Trasse Stuttgart-Ulm.

Nach Informationen der Stuttgarter Zeitung wird die Bahn zusätzlich zinslose Sonderkredite in Höhe von rund vier Milliarden Euro, die sie beim Bund aufgenommen hatte, vorzeitig tilgen, sodass dem Bund über die Dividende hinaus liquide Mittel zur Verfügung stehen. Das hat das Bundesverkehrsministerium auf Anfrage bestätigt.

Vom Jahr 2015 an soll die Bahn nach den Vorstellungen der Bundesregierung sogar 700 Millionen Euro jährliche Dividende auszahlen, die komplett in den Ausbau der Schiene und damit auch in den Neubau der Hochgeschwindigkeitsstrecke fließen sollen. Zur Erinnerung: die Bundesmittel für Wendlingen-Ulm sollen laut Finanzierungsvertrag von 2016 an abgerufen werden - bis dahin bezahlt das Land.

Ramsauer spricht von einem "positiven Signal" für den Bahnverkehr

Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer erklärte den Beschluss zum "positiven Signal" für den Bahnverkehr in Deutschland. Für die Schienenausbau stünden in den nächsten Jahren damit über eine Milliarde Euro zusätzlich zur Verfügung. "Mit dem Finanzierungskreislauf Schiene schaffen wir Planungssicherheit und Transparenz bei den Geldflüssen", so der Minister.

Bahnchef Rüdiger Grube wird dagegen nachgesagt, er habe sich gegen eine solche Regelung mit der Begründung gesträubt, die jetzt per Kabinettsentscheid erhöhte Ausschüttung sei gar nicht sicher, sondern müsse erst einmal erwirtschaftet werden. Darin ist sich Grube ausnahmsweise einig mit den Kritikern des Bahnprojekts.

Wie berichtet, hatten die im Sommer vergangenen Jahres von der Deutschen Bahn eingeräumten Mehrkosten von 865 Millionen Euro für die Trasse Wendlingen-Ulm ein monatelanges Tauziehen zwischen Bund, Land und Bahn ausgelöst. Der nunmehr 2,89 Milliarden Euro teure Schienenstrang ist eigentlich ein Projekt des Bundes und war ursprünglich auf 2,1 Milliarden Euro veranschlagt. 

Regelung schont den Landesverkehrsetat

Weil das Bundesverkehrsministerium aber chronisch klamm ist, hatte sich das Land bereit erklärt, einen Betrag von 950 Millionen Euro zu übernehmen. Damit wollte die Landesregierung sicherstellen, dass die Neubaustrecke zeitgleich mit dem neuen Stuttgart-21-Tiefbahnhof in Betrieb genommen werden kann. Nur so ließ sich der Baubeginn für den neuen unterirdischen Durchgangsbahnhofs überhaupt rechtfertigen.

Den Rest - 950 Millionen Euro - sowie sämtliche später anfallenden Mehrkosten - hat laut Finanzierungsvereinbarung vom April 2009 allein der Bund zu tragen. Doch kaum hatten Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) und Bahnchef Rüdiger Grube die inflations- und bautechnisch bedingte Kostensteigerung von 865 Millionen Euro bekannt gegeben, entbrannte hinter den Kulissen ein Streit darüber, ob die Projektpartner und Kofinanziers Bahn und Land nicht doch einen Teil der Summe übernehmen könnten.

Offiziell wurden Verhandlungen über eine Kostenübernahme bestritten oder zu informellen Gesprächen herabgestuft.

Im September 2010 bestätigte der Sprecher von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer schließlich einen Bericht er Stuttgarter Zeitung, wonach der Bund die Projektpartner an der Finanzierung der Mehrkosten beteiligen will. Die Landesregierung dementierte umgehend; sie sei in die Verhandlungen nicht eingebunden. Bis auf weiteres jedenfalls wird der Landesverkehrsetat durch die jetzt getroffene Regelung geschont.