Stuttgart 21 kommt lautstark in Ulm an. Der Bau des sechs Kilometer langen Albabstiegstunnels beginnt mit Felssprengungen. Mögliche Risse in Gebäuden kalkuliert die Bahn mit ein.

Politik/Baden-Württemberg: Rüdiger Bäßler (rub)

Ulm - Das Bahnprojekt Stuttgart 21 ist endgültig auch in Ulm angekommen. Nachdem auf dem Bahnvorfeld des Ulmer Hauptbahnhofs sowie auf der Albhochfläche seit Monaten Vorbereitungsarbeiten zum Ausbau der ICE-Strecke nach Wendlingen zu sehen waren, haben am Montag nun die eigentlichen Grabungsarbeiten für den 5,9 Kilometer langen Albabstiegstunnel begonnen.

 

Etwa auf der Hälfte der geplanten Tunnelstrecke, im Lehrer Tal nahe der Bundesstraße 10, arbeiten sich die Baufirmen – eine Arbeitsgemeinschaft aus den Unternehmen Züblin und Max Bögl – in die Tiefe. Von dem Geländeeinschnitt aus, der hier vorgenommen wird, werden später die Haupttunnelröhren vorgetrieben. Die Aushubarbeiten für den ersten Stollen gestalteten sich nach Auskunft der Bahn schon kurz nach Beginn schwierig. Nachdem zunächst lockeres Material angetroffen worden sei, habe mit fortschreitender Tiefe der Felsanteil zugenommen.

Die Bahn präsentiert ein Beschwerdemanagement

Lockerungssprengungen sollen nun den Weg frei machen. Sie reduzierten laut Bahn den Lärm und Staub, der durch Meißelarbeiten entstehen würde. Es könne ab sofort im Ulmer Vorstadtbereich zur „erhöhten Lärmpegeln“ kommen. Vorerst hat die Bahn für betroffene Anwohner ein Beschwerdetelefon eingerichtet. In Kürze, heißt es, solle an der Baustelle ein so genannter Bürgerraum eingerichtet werden, in dem Betroffene persönliche Ansprechpartner finden.

Dass an Häusern und Immobilien entlang der Tunnelbaustrecke Risse und Schäden entstehen könnten, kalkuliert die Bahn ein. Eigentümer bis zu 50 Meter rechts und links der geplanten Röhren sind längst informiert, Dokumentationen von Gebäudezuständen vor Beginn der Bauarbeiten sind abgeschlossen. Die Bahn hat angekündigt, für mögliche Gebäudeschäden auch zu haften. Die Sprengungen könnten bis April laut hörbar sein – von dann an soll der Bau des unterirdischen Stollens beginnen.

Röhren verlaufen bis zu 70 Meter in der Tiefe

Der Albabstiegstunnel, dessen Nordportal bei Dornstadt liegt, überwindet bis zum Ulmer Hauptbahnhof hinab 95 Höhenmeter. In Dornstadt, wo bereits ein großer Geländevoreinschnitt geschaffen wurde, finde sich vor allem Lockergestein, so dass hier zunächst keine Sprengungen nötig seien, teilt die Bahn mit.

Unter anderem unterqueren die Tunnelröhren, die bis zu 70 Meter unter der Erdoberfläche verlaufen, die Rommelkaserne. Alle 500 Meter werden die beiden Röhren durch Querschläge verbunden – insgesamt an elf Stellen.

Bis 2018 dauern den aktuellen Planungen zufolge die Rohbauarbeiten für den Tunnel, bis 2021 soll der Innenausbau fertig sein. Unter der Erde werden nicht Tunnelbohrer eingesetzt, sondern Bagger. Das sei im Ulmer Juragestein wirtschaftlicher und praktikabler, heißt es. Gebaut wird in Spritzbetonbauweise. Das Auftragsvolumen für den knapp sechs Kilometer langen Tunnel beträgt 250 Millionen Euro.

Nicht die einzige Großbaustelle in Ulm

Am Mittwoch kommender Woche wird es von 19 Uhr an in der Schönenberghalle im Ulmer Stadtteil Lehr einen von der Bahn veranstalteten Bürgerinformationsabend für die Ulmer geben. Mit allzu lautstarken Protesten ist nicht zu rechnen. Die Ulmer sind derzeit noch mit Behinderungen durch viele andere inner- und außerstädtische Baustellen beschäftigt, etwa das neue Einkaufszentrum Sedelhof-Galerie. Mitte des Jahres soll außerdem der Bau einer zweiten Straßenbahnlinie beginnen.