Der Steinbühltunnel ist ein halbes Jahr eher durchgeschlagen worden als geplant. In die allgemeine Feierstimmung mischt sich aber auch Kritik. Anlieger mahnen Entschädigungszahlungen an.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Hohenstadt - Ein Etappenziel für die Bahn beim Bau der Schnellfahrstrecke nach Ulm ist erreicht: Am Freitagnachmittag sind die zwei 4,8 Kilometer langen Röhren des Steinbühltunnels im Kreis Göppingen symbolisch durchschlagen worden. Zur Feier waren auf Einladung des Projektvereins und dessen Vorsitzenden, Georg Brunnhuber, Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD), der Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Norbert Barthle (CDU) und Manfred Leger, Chef der DB-Projektgesellschaft Stuttgart-Ulm (PSU), auf die Alb gekommen.

 

Die Tunnelpatin Susanne Ramsauer, Gattin des ehemaligen Bundesverkehrsministers Peter Ramsauer (CSU), ließ sich derweil entschuldigen. An ihrer Statt nahm kurzerhand die örtliche CDU-Landtagsabgeordnete und verkehrspolitische Sprecherin ihrer Fraktion, Nicole Razavi, auf dem Schoß des Baggerfahrers Platz, der mit seinem Gerät die zuvor nochmals aufgebaute Wand durchschlug. Die Mineure hatten nach 27 Monaten Bauzeit bereits im Oktober Licht am Ende des viertlängsten Tunnels der Neubaustrecke gesehen.

Projektchef lobt Einstellung der Bevölkerung

Ehe die letzten Zentimeter Spritzbeton fielen, hatte Manfred Leger von der PSU die Arbeit der Tunnelbauer in den höchsten Tönen gelobt. Schließlich liegen sie rund sechs Monate vor dem ursprünglich veranschlagten Zeitplan. Der Durchstich ins Filstal erfolgte oberhalb der Autobahn-8-Fahrbahn in Richtung Ulm an einem Steilhang. Mag auch die Topografie anspruchsvoll sein, die Begleitumstände vor Ort sind ganz nach Legers Geschmack. „Hier sind wir nicht den Restriktionen des Bauens in einer Stadt unterworfen und die Bevölkerung vor Ort hat eine realistische Einstellung zum Projekt.“

Wie es um die Befindlichkeiten der Anrainer bestellt ist, erklärte Günter Riebort, Bürgermeister der Gemeinde Hohenstadt, den geladenen Gästen im Festzelt am Rande der A 8. „Bis heute hat die Gemeinde und haben die betroffenen Eigentümer noch keine Entschädigungszahlung bekommen. Liebe Bahn, so geht das nicht“, erklärte der Rathauschef. Zumindest für einen Landwirt sei die Lage gar existenzbedrohend. Die Bahn erklärte, sich mit just diesem Bauern am Freitag vor dem Regierungspräsidium (RP) geeinigt zu haben. Von der Behörde war keine Bestätigung mehr zu bekommen. Bei anderen auf Entschädigung Wartenden sieht die Bahn sich auf gutem Weg. „Wir sind in der Finalisierung der Verträge. Wenn diese unterzeichnet sind, werden wir die Entschädigungen zügig auszahlen“, sagte Peter Sturm, gleichfalls Geschäftsführer der PSU, auf Anfrage.

Anrainer befürchten weiteren Flächenverbrauch

Bürgermeister Riebort machte sich allerdings nicht nur Sorgen ums Geld. Das Vorhaben der Bahn, weitere Flächen zur Lagerung des Tunnelaushubs zu verwenden, könne Hohenstadt nicht hinnehmen. Die Tunnelbauer nahm Riebort ausdrücklich von seiner Kritik aus. Deren Leistung lobte er – wie alle anderen Redner auch. Und das Miteinander der 800 Hohenstadter und der gut 120 auf der Baustelle lebenden Arbeiter sei herzlich.

Finanzminister Nils Schmid empfand den Tunneldurchschlag als „psychologisch wichtigen Moment“. Die 950 Millionen Euro, die das Land beim Bau der Schnellfahrstrecke zuschießt, hält der Sozialdemokrat für „goldrichtig angelegt“. Eine Ansicht, in der sich der stellvertretende Ministerpräsident auch durch das Ergebnis der Volksabstimmung bestärkt sieht.

Bund mahnt weiteren Ausbau an

Lob für das Engagement des Landes kam auch von Norbert Barthle (CDU), Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium. Der Bund bezahlt zwei Milliarden Euro für die Strecke. Barthle warb dafür, sich nicht auf dem Erreichten auszuruhen. Stattdessen müsse alsbald geklärt werden, wie der Ausbau nach Augsburg zu stemmen sei. Schließlich sei diese Verbindung ein wichtiger Lückenschluss im deutschen und im europäischen Schienennetz.

Die schnelle Strecke über die Alb

Der Steinbühltunnel ist einer der neun Tunnel, die die Bahn zwischen Wendlingen und Ulm baut. Die zwei Röhren sind je rund 4,8 Kilometer lang. Mit dem Aushub ließe sich ein Würfel von 100 Meter Kantenlänge füllen. Nach dem nun erfolgten Durchschlag steht der Einbau der Innenschale aus Beton an.

Die Gemeinden der Schwäbischen Alb wollen sich die Vorteile der neuen Strecke sichern. Mit Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) haben sie sich auf den Bau eines Bahnhofs bei Merklingen (Alb-Donau-Kreis) geeinigt, an dem Regionalzüge halten. Die Finanzierung ist noch nicht gesichert. Die Pläne müssen bis Mitte 2016 genehmigt sein, damit die Strecke pünktlich in Betrieb geht.