Nach desaströsen Ergebnissen bei der Bundestagswahl herrscht Einvernehmen: Nun fordert auch die SPD mehr Konsequenz bei den Abschiebungen. Vorschläge von Unionspolitikern gehen noch weiter. In der Praxis stößt dieses Ansinnen auf Probleme.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - „Wir haben verstanden“, signalisiert die SPD nach dem Desaster bei der Bundestagswahl und hat dabei vor allem die Flüchtlingspolitik im Blick. Künftig will sie die Sorgen der Menschen vor Überfremdung stärker aufnehmen, auch wenn dies noch nicht so drastisch formuliert wird. Diese Vorsicht hat die CDU längst abgelegt. Ihr machen gerade die extrem hohen Verluste in Ostdeutschland zu schaffen: Bis zu 25 Prozent der Wählerstimmen hat sie in Sachsen an die AfD abgeben müssen, was am Mittwoch in der Rücktrittsankündigung von Ministerpräsident Stanislaw Tillich gipfelte. Am leichtesten scheint eine neue Konsequenz bei der Abschiebung ausreisepflichtiger Asylbewerber vermittelbar zu sein, denn da ist am ehesten ein Konsens in der Bevölkerung in Sicht. Plötzlich sind sich die Volksparteien einig, dass Straftäter sobald wie möglich das Land verlassen sollen.

 

Die Verantwortung dem Bund zugeschoben

Die Asyl- und Flüchtlingspolitik steht auch bei der Jahrestagung der Ministerpräsidenten an diesem Donnerstag und Freitag in Saarbrücken auf der Agenda. Die SPD schiebt den schwarzen Peter erst einmal der Bundesregierung zu, die nicht hart genug durchgreife. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) sagte der „Bild“-Zeitung: „Bund und Länder müssen noch besser zusammenarbeiten. Ziel muss sein, gerade diese Abschiebungen (von Kriminellen) zu beschleunigen.“ Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) ermahnte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU): „Bei Asylbegehrenden, die Straftaten begangen haben, ist der Bund gefragt: Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge muss in solchen Fällen unverzüglich prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, wonach der Schutzanspruch verwirkt wird. Dies muss sehr konsequent und zügig erfolgen, damit die Betroffenen Deutschland schnellstmöglich wieder verlassen.“ Und Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) forderte, alle Möglichkeiten zur Abschiebung zu nutzen. „Nachsicht ist da nicht angebracht.“ Solch harte Töne waren vor der Bundestagswahl von Sozialdemokraten jedenfalls nicht zu hören.

Fraktionsvize Binder sieht keinen Kurswechsel

Ist das ein Signal an die abtrünnige Wählerschaft? Baden-Württembergs SPD-Fraktionsvize Sascha Binder kann darin keinen Kurswechsel nach der Bundestagswahl erkennen: „Die SPD war immer schon der Auffassung, dass den nicht anerkannten Flüchtlingen entweder eine freiwillige Ausreise ermöglicht wird oder dass sie abgeschoben werden.“ Wenn alle rechtsstaatlichen Verfahren erledigt seien und keine Abschiebehindernisse vorlägen, müsse vollzogen werden.

Für wenig hilfreich hält Binder die Bereitschaft von Innenminister Thomas Strobl (CDU), dem Bund mehr Zuständigkeiten bei Abschiebungen zu geben. „Das kann mit Blick auf die Länder, die es nicht so konsequent machen wie wir in Baden-Württemberg, sinnvoll sein“, sagte der CDU-Vize der „Bild“-Zeitung. Binder dazu: „Dann muss er auch sagen, wer im Bund die Menschen abschieben soll, die bisher von der örtlichen Ausländerbehörde in Zusammenarbeit mit den Regierungspräsidium und der Landespolizei abgeschoben werden.“ Dieser Vorschlag bringe nicht mehr Konsequenz, sondern mache das Ganze komplizierter. Strobl hatte sich auch offen gezeigt für eine Erweiterung der Abschiebehaftgründe, wogegen der SPD-Fraktionsvize einwendet: „Ich weiß nicht, welche Haftgründe er noch erweitern will, die noch nicht im Gesetz stehen und verfassungsrechtlich unbedenklich wären.“