Eine Serie von schweren Erdbeben hat am Mittwoch erneut Mittelitalien erschüttert. Die Menschen in den betroffenen Gebieten kämpfen außerdem seit Tagen gegen beißende Kälte und meterhohe Schneeberge.

Rom - Wie ein Mahnmal ragte er die letzten Monate noch aus den Trümmern hervor. Nun ist der Kirchturm von Sant‘Agostino in Amatrice in sich zusammengefallen. Den erneuten Beben am Mittwochmorgen konnte er nicht mehr standhalten.

 

Innerhalb von einer Stunde hat es in Mittelitalien drei heftige Erdstöße gegeben. Der erste ereignete sich um 10.25 Uhr mit einer Stärke von 5,1. Um 11.14 Uhr wackelte die Erde noch heftiger mit einer Stärke von 5,5. Das dritte Beben um 11.25 Uhr wurde mit einer Stärke von 5,4 gemessen. Jeder Stoß war gefolgt von zahlreichen starken und weniger starken Erschütterungen. Das Land und seine Bewohner kommen nicht zur Ruhe. Über Opfer gab es zunächst keine Meldungen. Ministerpräsident Paolo Gentiloni, der am Mittwoch bei Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin zu Gast war, sagte, es sei ein schwieriger Tag für Italien.

In der gleichen Gegend hat es im August und Oktober gebebt

Das Epizentrum der Beben, ein weiteres der Stärke 5,1 ereignete sich gegen 14.30 Uhr, befand sich zwischen L’Aquila und Norcia, in einer Gegend, die bereits im vergangenen Sommer von einem schweren Erdstoß verwüstet worden war. Am 24. August 2016 kamen in Amatrice und den umliegenden Orten bei einem Beben der Stärke 6,2 fast 300 Menschen ums Leben gekommen. Ein weiteres Beben hatte am 30. Oktober viele Häuser der Stadt Norcia unbewohnbar und viele Menschen obdachlos gemacht. Die Gegend gilt als „Zona Rossa“, die Einwohner sind noch immer in Notunterkünften oder Hotels untergekommen. Viele schlafen in Wohnwagen. In der nur wenige Kilometer entfernten Stadt L’Aquila, in der 2009 bei einem starken Erdbeben mehr als 300 Menschen ums Leben kamen, rannten die Leute am Mittwochmorgen in Panik auf die Straße.

Die Bewohner der Erdbebenregion sind verzweifelt. Denn seit Tagen kämpfen die Menschen dort nicht nur gegen die Angst vor weiteren Beben, sondern auch mit beißender Kälte und andauerndem Schneefall: Seit Anfang der Woche fallen dort ununterbrochen die Flocken. Der Montereale ist unter drei Meter hohen Schneedecke verschwunden. Das erschwerte das Durchdringen der Rettungskräfte in die Erdbebengebiete am Mittwoch erheblich. Auch das gesamte Ausmaß der Schäden ist so noch nicht zu beurteilen.

Die Kombination von Schnee, Eiseskälte und Beben zermürbt die Leute

„Wir sind psychisch und physisch am Ende“, sagt Simona Orfini. Die junge Frau wohnt in Muccia und berichtet dem Nachrichtensender SkyTG24 am Telefon von den Zuständen dort. „Den Schnee sind wird gewohnt, wir leben hier in den Bergen. Und auch das ständige Beben der Erde ist für uns nichts Neues. Aber alles auf einmal und so extrem – das ist kaum auszuhalten.“

Selbst in Florenz und Rom waren die starken Beben zu spüren. In der vom Epizentrum rund 100 Kilometer entfernten Hauptstadt wurden die U-Bahn-Linien vorübergehend gesperrt. Der Präsidentenpalast auf dem Quirinalshügel war für Besucher tabu. Auch einige Bürogebäude und Schulen wurden als Vorsichtsmaßnahme evakuiert. „Um 11.30 Uhr wurden wir nach Hause geschickt“, erzählt ein Mädchen, das mit ihren Klassenkameraden an einer Tramhaltestelle wartet. „Der Boden hat plötzlich so heftig gewackelt – ich hatte furchtbare Angst“, sagt die 14-Jährige. Dann steigen sie und ihre Freunde in die Bahn. „Wir wollen nur noch nach Hause.“