Vom 1. Januar an wird die bisherige Rundfunkgebühr neu strukturiert und heißt dann Haushaltsbeitrag. Alles soll einfacher und transparenter werden. Aber auch gerechter? Daran scheiden sich die Geister.

Stuttgart - Manche Fernsehzuschauer sind mit dem vermeintlich kostenfreien Angebot von kommerziellen Sendern wie RTL oder Pro Sieben völlig zufrieden; sie könnten gut und gern auf ARD und ZDF verzichten. Weil aber jedermann für ARD und ZDF zahlen muss, wenn er ein Gerät besitzt, mit dem man TV-Programme empfangen kann, sprechen die Gegner dieses Zahlungssystems von „Zwangsgebühren“. Dass sich die Mitarbeiter der Gebühreneinzugszentrale (GEZ) zudem gelegentlich wie Gesinnungsschnüffler aufführen, fördert auch nicht gerade die Zustimmung für diese Einrichtung. Aber damit ist ab dem 1. Januar 2013 Schluss: Die Rundfunkgebühr heißt dann Haushaltsbeitrag, und die GEZ muss nicht mehr schnüffeln, weil aus Gebührenmuffeln über Nacht zahlungsfreudige Zuschauer geworden sind.

 

Die Initiatoren des neuen Zahlungssystems erhoffen sich, dass alles einfacher und daher auch besser wird. Pro Wohnung muss ab 2013 nur noch einmal ein Rundfunkobolus in Höhe von 17,98 pro Monat entrichtet werden, ganz gleich, wie viele Menschen mit jeweils eigenem Einkommen dort leben; davon profitieren vor allem Wohngemeinschaften. Die meisten Kunden sind jedoch alles andere als begeistert. Die Regelung sieht zum Beispiel vor, dass auch dann gezahlt werden muss, wenn weder Computer noch Fernsehgerät vorhanden sind; und das gilt nicht nur für Wohnungen, sondern auch für Büroräume und Werkstätten.

Besonders verärgert sind Menschen, die ausschließlich Radio hören; sie mussten bisher lediglich 5,76 Euro zahlen. Das dürften zwar nur wenige sein, weil statistisch praktisch jeder Haushalt ein Fernsehgerät besitzt, aber diese Minderheit ist natürlich empört. Geändert haben sich auch die Voraussetzungen, um von den Gebühren befreit zu werden: In Zukunft gilt als Argument ausschließlich Armut. Auch Behinderte müssen nun zahlen, allerdings nur einen ermäßigten Betrag in Höhe von 5,99 Euro, sofern sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen.

Proteste von allen Seiten

Prompt hagelte es in den vergangenen Wochen Beschwerden bei den Petitionsausschüssen der Landtage. Aufgebracht sind vor allem Kleingärtner und Besitzer von Wochenendhäuschen, denn sie müssen nun doppelt zahlen; es sei denn, ihre Laube ist erwiesenermaßen nicht zum dauerhaften Wohnen geeignet. Die entsprechenden Diskussionen am Jägerzaun kann man sich lebhaft vorstellen, zumal schon allein die Begrifflichkeit einen großen Interpretationsspielraum lässt. Der Verband Deutscher Grundstücksnutzer hat schon einmal vorsorglich protestiert; es wird befürchtet, dauerhafte Bewohnbarkeit sei bereits dann gegeben, wenn eine Gartenlaube über Wasser- und Stromanschluss verfüge. Dass in vielen deutschen Datschen ein Fernseher steht, lässt sich kaum leugnen; jedes zweite Zweitdomizil ist gut sichtbar mit einer Satellitenschüssel ausgestattet.

Ins Visier der Herren vom „Beitragsservice“, wie die Gebühreneinzugszentrale ab dem kommenden Jahr euphemistisch heißen wird, werden womöglich auch die Dauercamper geraten. Es ist jedenfalls nicht auszuschließen, dass irgendwann auch Campingplätze kontrolliert werden.

Damit es gar nicht erst dazu kommt, hat ein Jurist beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof eine Klage gegen das Nachfolgemodell der GEZ eingereicht. Er sieht in der Tatsache, dass Wohnungseigentümer oder Firmenbesitzer prinzipiell zahlen müssen, eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes. Martin Stadelmaier, der Leiter der Mainzer Staatskanzlei, demonstriert allerdings Gelassenheit, zumal der Verfassungsrechtler Paul Kirchhof die Stichhaltigkeit des Entwurfs in einem Gutachten bereits bestätigt hat. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck ist Vorsitzender der Rundfunkkommission der Länder und Stadelmaier ist sein Mann für alle Medienfragen. Dieser ist sicher, dass der neue Rundfunkbeitrag „einer richterlichen Prüfung standhalten wird“. Darüber hinaus hält er das Modell für „viel gerechter“ als das alte.

Einnahmen für ARD und ZDF bleiben stabil

Martin Stadelmaier räumt allerdings auch ein, dass die Einführung der Haushaltsabgabe in erster Linie der demografischen Entwicklung hierzulande zu verdanken sei: Ohne die entsprechende Umstellung „würde der öffentlich-rechtliche Rundfunk bis ins Jahr 2020 etwa eine Milliarde Euro an Einnahmen verlieren“.

Derzeit gehen Sender und Politik davon aus, dass die neue Regelung keine Konsequenzen für die finanzielle Situation von ARD und ZDF haben werde: Die Einnahmen würden auch weiterhin bei rund 7,5 Milliarden Euro pro Jahr liegen. Sollte es deutliche Veränderungen geben, wird die Höhe des Beitrags entsprechend nach unten oder nach oben korrigiert. Ansonsten ist vorgesehen, dass sich die Rundfunkabgabe in den nächsten sechs Jahren nicht verändern soll.