Der Südwesten kommt bei der jetzt vorgelegten Regionalstatistik 2017 des Versicherungsverbands gut weg. Nur vier der 44 Zulassungsbezirke, darunter Ulm und Freiburg, werden in der Kfz-Haftpflicht schlechter gestellt. Welche Autofahrer von der neuen Regionalstatistik profitieren.

Stuttgart - In Stuttgart und den Zulassungsbezirken in den fünf Landkreisen können die Autofahrer aufatmen. Nach der neuen Regionalstatistik des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) werden Esslingen und Göppingen für die Kfz-Haftpflichtversicherung besser eingestuft, in der Landeshauptstadt, in Böblingen, Ludwigsburg und dem Rems-Murr-Kreis bleibt alles beim Alten. Auch in der Teilkaskoversicherung ändert sich in Stuttgart und den fünf Landkreisen nichts.

 

Für Autofahrer ist das eine gute Nachricht. Denn die Kfz-Regionalklassen, die die Schadenbilanz in den Regionen widerspiegelt, ist ein wesentliches Merkmal bei der Berechnung des Versicherungsbeitrags. „Verbessert sich die Regionalklasse, haben Autofahrer gute Aussichten, dass der Beitrag günstiger wird“, sagt Kathrin Jarosch vom GDV.

In der neuen Regionalstatistik 2017 werden elf der 44 baden-württembergischen Zulassungsbezirke für die Kfz-Haftpflichtversicherung besser eingestuft. Davon profitiert gut jeder fünfte Autofahrer, das sind rund 1,15 Millionen Versicherte nach Berechnungen des GDV. Verschlechtert gegenüber dem Vorjahr haben sich nur vier Zulassungsbezirke: Ulm, Ravensburg, Main-Tauber-Kreis und Freiburg.

Für die Haftpflicht gibt es 12 Regionalklassen

In der Teilkaskoversicherung müssen 265 000 Versicherte in neun Zulassungsbezirken im Südwesten mit Beitragsverschlechterungen rechnen. Grund dafür seien insbesondere zahlreiche Schäden nach Hagelschauern im Raum Freiburg, heißt es beim Versicherungsverband. In der Vollkaskoversicherung werden zehn Prozent der Versicherten in höhere Regionalklassen eingestuft.

Für die Schadenbilanz einer Region ist nicht entscheidend, wo ein Unfall passiert oder ein Kaskoschaden entstanden ist, sondern in welchem Zulassungsbezirk der Fahrzeughalter seinen Wohnsitz hat. Für die Haftpflicht gibt es 12 Regionalklassen, für die Vollkasko 9 und die Teilkasko 16 Klassen. Eine niedrige Einstufung in eine Regionalklasse wirkt sich günstig auf den Versicherungsbeitrag aus. Der Bundesdurchschnitt entspricht in der Haftpflichtversicherung der Regionalklasse 6, in Vollkasko der Regionalklasse 4 und in Teilkasko der Regionalklasse 7. Die neuen Regionalklassen können für Neuverträge sofort wirken, für bestehende Verträge in der Regel ab nächstem Jahr.

Die Kfz-Versicherung ist in der Branche ein heftig umworbener Markt. Sie gilt als Einstiegstor, um den Kunden weitere und lukrativere Versicherungen zu verkaufen. In der Vergangenheit haben sich die Anbieter regelrechte Rabattschlachten geliefert, um sich Kunden abzujagen. Seit einigen Jahren hat der Preiskampf etwas nachgelassen, weil die Versicherer nicht mehr schlechte Ergebnisse im Kfz-Bereich durch gute Ergebnisse bei den Kapitalanlagen ausgleichen können. Seither wird in der Branche wieder darauf geachtet, wenigstens kostendeckend zu arbeiten.

Die Regionalklasse ist nicht das einzige Kriterium für die Berechnung des Beitrags

Die Regionalklasse ist zwar ein wesentliches aber bei weitem nicht das einzige Kriterium für die Berechnung des Versicherungsbeitrags. Wichtig sind unter anderen auch die Schadenfreiheitsklasse, die unfallfrei gefahrene Jahre und das Fahreralter berücksichtigt, und die Typklasse des Wagens. Bei letzterem spielt eine Rolle, wie häufig Fahrzeuge eines Typs in einen Unfall verwickelt oder gestohlen werden. „Das persönliche Fahrverhalten hat die größte Auswirkung auf die Prämie“, sagt Sylvia Knittel, Sprecherin der SV Sparkassenversicherung. „Wer gut und vorsichtig fährt und wenig Unfälle baut, spürt das im Geldbeutel.“

Den Beitrag beeinflusst aber auch, ob das Auto in einer abschließbaren Garage geparkt wird, der Autofahrer eine Fahrkarte für den öffentlichen Nahverkehr besitzt oder welchen Beruf er ausübt. „Bei der Kfz-Versicherung sollten Kunden nicht nur auf den Preis achten, sondern auf den Inhalt schauen“, sagt Ute Agrikola von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Da gebe es riesige Unterschiede. Autofahrer sollten sich fragen, welches Kriterium für sie wichtig sei. So kann beispielsweise ein Auslandsschadenschutz, der einem bei einem Unfall so stellt, als wäre der Unfall in Deutschland passiert, sinnvoll sein für Autofahrer, die sich viel im Ausland aufhalten. Wer teure Einbauten im Wagen hat, kann den Mehrwert mitversichern. Wer Marderschäden versichern lässt, sollte prüfen, ob nicht nur der Schaden durch den Biss, sondern auch Folgeschäden mitversichert sind. Bei einer Vollkaskoversicherung liegt die Spanne, in der zum Neuwert entschädigt wird, je nach Anbieter zwischen 6 und 36 Monaten. Achten sollten Autofahrer bei der Kaskoversicherung, dass auf den Einwand grober Fahrlässigkeit verzichtet wird.

Bundesweit kommen von den knapp 40 Millionen Autofahrern knapp 6,3 Millionen in eine bessere, also niedrigere Regionalklasse in der Kfz-Haftpflicht, rund 4,8 Millionen werden heraufgestuft und müssen mit Beitragserhöhungen rechnen. Hohe Regionalklassen gelten nach Auskunft des Versicherungsverbands vor allem in Großstädten sowie in Teilen Bayerns. Die schlechteste Schadenbilanz ergab sich laut GDV für Offenbach am Main. Von besonders niedrige Einstufungen profitieren die Autofahrer in Brandenburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern. In die aktuelle Regionalstatistik fließen die Schäden der zurückliegenden fünf Jahre ein – von 2011 bis 2015.