Junge Künstler haben’s schwer. Sie sind und bleiben oftmals unbekannt. Da hilft alles Talent nichts. Um eben diesen Musikern Gehör zu verschaffen hat sich die 23-jährige Milena Hiessl eine Kulturreihe in Plieningen ausgedacht.

Klima & Nachhaltigkeit: Judith A. Sägesser (ana)

Plieningen - Junge Musiker haben es schwer, das kann Milena Hiessl einschätzen. Die 23-Jährige ist aus der Szene, und ihr Freund spielt als Hornist im Beethoven-Orchester Bonn. Etliche Künstler, die Außergewöhnliches jenseits des Radios fabrizieren, würden kaum gehört. Neulich saß Milena Hiessl bei einem Tango-Ensemble im Publikum. „Ich hatte Gänsehaut“, sagt sie, „aber die kennt einfach niemand“. Das will sie ändern – ein bisschen.

 

Eine Kulturreihe für bisher eher unbeachtete Künstler

Milena Hiessl hat sich eine Kulturreihe mit bislang unbeachteten Künstlern ausgedacht. Dafür wird das Obergeschoss des Plieninger Möbelgeschäfts ihrer Eltern zur Bühne. Am Freitag, 25. April, ist die erste von zunächst drei Veranstaltungen. Dann ist ein Sprech-Ensemble zu Gast. Eingeladen ist jeder, der Eintritt ist frei, Spenden sind willkommen. Die Cannstatter Weingärtner kredenzen den Wein auf ihre Kosten, der Bernhausener Stadion-Wirt die Häppchen.

Zu der Gruppe gehören Absolventen des Fachs „Sprechen“ an der Hochschule für Musik in Trossingen. In Plieningen bieten sie metrische Textnotationen, schmackhafte Silbenfolgen, kunstfertige Lautmalereien, sie präsentieren Gedichte von Goethe und Mörike neu, entführen in Lautwälder von Hugo Ball, machen sprunghafte Kapriolen mit Eichendorff-Texten, widmen sich zauberhaften Maulkünsten aus Merz und Dada. Unter den Künstlern ist übrigens auch die Gastgeberin selbst.

Musik ist für Milena Hiessl eine Herzensangelegenheit

Milena Hiessl, deren Familie aus Bernhausen kommt, studiert in den letzten Zügen in Trossingen. Ihr Studiengang heißt „Sing & Move“. Für sie ist Musik eine Herzensangelegenheit. Als Sechsjährige begann sie mit Blockflöten-, als Siebenjährige mit Querflöten- und als Zwölfjährige mit Gesangsunterricht. „Ich hatte immer den Wunsch, Musik zu machen, aber ich habe mich nicht getraut“, sagt sie. Aus Sorge vor der Brotlosigkeit.

Also hat Milena Hiessl angefangen, an der Universität Tübingen Geografie und Französisch auf Lehramt zu studieren. Ein Plan, der zwei Semester gehalten hat. Dann hat sie doch umgeschwenkt. Milena Hiessl sieht sich zwar nicht als Lehrerin am Gymnasium, wohl aber als jemand, der anderen Musik, Rhythmus und Sprache näherbringt. Zum Beispiel als Stimmbildnerin für Kinder oder als Chorleiterin. Zu ihrem Studium gehörte viel Pädagogik. „Ich werde nicht im Orchester landen“, sagt sie und lacht.

Orchester müssen fusionieren, Musiker sind überarbeitet

Im Orchester zu spielen, ist für viele Künstler erstrebenswert. Milena Hiessls Freund, der Hornist, hat eine Festanstellung, „das ist wie ein Sechser im Lotto“, sagt sie. Denn die Zeiten sind harte. Orchester fusionieren, Musiker sind überarbeitet. „Die Kunst- und Kulturförderung wird immer weniger“, sagt Milena Hiessl.

Reich wird sie die jungen Künstler mit ihrer Kulturreihe nicht machen. Aber vielleicht etwas bekannter. Im September kommt ein Bläserquintett, im Dezember gibt’s einen Tango-Abend. Dann ist Milena Hiessl wirklich nur die Gastgeberin.