Die 28-jährige Archivarin Tanja Wolf leitet seit dem 1. September das Waiblinger Stadtarchiv und das Haus der Stadtgeschichte. Ihr Lieblingsgebiet ist lokale Geschichte.

Waiblingen - Farblos und langweilig sind sie, und ihre Zeit verbringen sie am liebsten inmitten staubiger Aktenberge und fernab menschlicher Gesellschaft. Das, sagt Tanja Wolf, sei die Vorstellung, welche die meisten Menschen von Archivaren hätten. Doch sie trägt es mit Humor. „Ich bin von Haus aus Archivarin und das von Herzen gerne“, sagt sie – und das nimmt man ihr ab.

 

Seit dem 1. September leitet Tanja Wolf als Nachfolgerin von Uwe Heckert die Abteilung Stadtgeschichte, Museum und Stadtarchiv in Waiblingen. Außerdem ist sie ein lebendes Beispiel dafür, dass es am Bild des Archivars einiges gerade zu rücken gibt. 28 Jahre jung ist Tanja Wolf, offen, humorvoll und definitiv weder farblos noch menschenscheu oder gar langweilig.

Nutzer sind im Archiv willkommen

„Ein Archiv ist für die Nutzer da. Sie sind immer willkommen und wir helfen gerne“, findet Tanja Wolf, die sich fest vorgenommen hat, das Waiblinger Stadtarchiv mit seinen Schätzen möglichst bald auch im Internet sichtbar werden zu lassen. Sei das nicht der Fall, werde man nämlich nur selten wahrgenommen und noch seltener von Historikern für Forschungszwecke genutzt, denn diese suchten zunächst im Internet nach Quellen.

Tanja Wolf ist selbst angehende Geschichtswissenschaftlerin: Neben ihrem bisherigen Job im Stadtarchiv Worms, wo sie das Fotoarchiv aufgebaut und betreut hat, studiert sie Geschichte an der Fernuni Hagen. Nur die Abschlussarbeit steht noch aus. „Eigentlich hatte ich da ein Wormser Thema in Planung“, erzählt Tanja Wolf, die lokale Geschichte als eines ihrer Lieblingsgebiete bezeichnet. Doch dann stieß sie beim Surfen im Internet auf die von der Stadt Waiblingen ausgeschriebene Stelle, bewarb sich – und machte das Rennen.

Im Juni stand fest, dass sie vom 1. September an in Waiblingen arbeiten würde. Die Stadt habe sie vor ihrer Bewerbung nicht gekannt, erzählt Tanja Wolf, die aus Bad Hersfeld, „dem tiefsten Osthessen“, stammt. „Ich finde die Stadt, besonders die Altstadt und den Stadtpark, wunderschön“, sagt sie. Nur eines habe sich als Qual entpuppt: „Hier eine Wohnung zu suchen ist ein echter Albtraum. Doch am Ende hat sich alles wunderbar gefügt. “ Anfang Oktober kann Tanja Wolf in ihr neues Zuhause ziehen, ihr Mann, ein Informatiker, ist auch auf Stellensuche im Raum Stuttgart.

Archivarbeit läuft vor allem hinter den Kulissen

Tagsüber ist Tanja Wolfs zweites Zuhause nun das Alte Dekanat in der Kurzen Straße. Dort hat sie ihr Büro, ebenso ihr Kollege, der „wunderbare Stadthistoriker“ Hans Schultheiß, mit dem sie beispielsweise künftig die Sonderausstellungen im 2014 eingeweihten neuen Haus der Stadtgeschichte erarbeiten wird. „Die Grundlagen stimmen“, sagt Tanja Wolf über das Stadtmuseum. Durch die Sonderausstellungen bleibe das Haus attraktiv und locke Besucher öfters an.

Die Archivarbeit hingegen laufe größtenteils hinter den Kulissen ab – kaum ein Bürger ahne, welche Berge von neuen Akten Archivare ständig sichten, bewerten und auswählen müssten. „Wir gelten als die, die immer alles aufbewahren. Aber es ist genau anders herum: Wir sind die Weltmeister im Wegwerfen“, sagt Tanja Wolf.

Dass sie in Waiblingen, anders als in einem großen Archiv wie dem Hauptstaatsarchiv, für unterschiedliche Gebiete zuständig ist, gefällt der 28-Jährigen an ihrem Job gut. Das Archiv sei „das Gedächtnis der Stadt“, sagt sie über die Urkunden, Nachlässe und Protokolle, die dort lagern, und die, so versichert sie, „wirklich spannend“ sein können. Spannend dürfte auch Tanja Wolfs Abschlussarbeit werden, die nun statt Worms Waiblingen zum Thema hat und in der, so viel sei verraten, auch der Staufermythos eine Rolle spielen wird.