Der Bundestag diskutiert die Ergebnisse der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“. Sie schlägt vor, dass die Kommunikation von Politik in Zukunft transparenter werden soll.

Berlin - Das Problem mit den wirklich revolutionären Innovationen liegt darin, dass sich meistens deren Tragweite zunächst gar nicht abschätzen lässt und der spätere Eindruck, von Beginn seien alle durch sie ausgelösten Umwälzungen eigentlich schon absehbar gewesen, sich eben erst hinterher einstellt. Wer hätte schon 1989, als der Informatiker Tim Berners-Lee den HTML-Code und damit einen wesentlich Baustein für das Internet entwickelte, ahnen können, wie wichtig heute etwa soziale Netzwerke für den Alltag vieler Menschen sind?

 

Als indes der Bundestag 2010 die Einsetzung der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ beschloss, war dieser Zeitpunkt nur bedingt ein Beweis dafür, dass die deutsche Politik besonders nah am Puls der Zeit ist. Trotzdem zeigt dieser Schritt zumindest, dass die etablierten Parteien – nicht zuletzt angesichts der Erfolge der Piraten – netzpolitische Themen ernster nehmen als noch vor wenigen Jahren. „Für mich ist es rückblickend allein schon ein großer Erfolg, dass es diese Kommission überhaupt gegeben hat und die Themen Internet und Digitalisierung der Gesellschaft ins Parlament gebracht hat“, sagte Axel Fischer (CDU), der dem Gremium vorsaß, der StZ.

Die digitale Revolution gab es schon vorher

In der Debatte am Donnerstag im Bundestag über den Schlussbericht der Kommission teilte der SPD-Obmann Lars Klingbeil diese Einschätzung: „Wir können stolz darauf sein, das Thema Internet im Bundestag verankert zu haben.“ Der Obmann der CDU, Jens Koeppen, schrieb dem Gremium gar das Verdienst zu, „aus einem Nischenthema ein Schwerpunktthema“ gemacht und es „in die Mitte der Gesellschaft geholt“ zu haben – wobei es sich in Wahrheit wohl eher so verhält, dass die digitale Revolution schon lange vor der Einberufung der Kommission mitten in der Gesellschaft allgegenwärtig war.

In der Anfangsphase gestaltete sich die Arbeit des Gremiums schwierig. Ein Problem sei gewesen, so Axel Fischer, dass viele Abgeordnete beteiligt gewesen seien, die ihre erste Legislaturperiode im Bundestag verbrachten. Fischer selbst hatte 2010 für Schlagzeilen gesorgt, weil er ein digitales „Vermummungsverbot“, also eine Pflicht zur Klarnamennennung im Internet gefordert hatte. Dafür hatte er viel Häme im Netz einstecken müssen.

Die Tagungen waren öffentlich

Das Gremium, das sich aus 17 Abgeordneten und ebenso vielen Sachverständigen zusammensetzte, legte Berichte im Umfang von rund 2000 Seiten vor; bei deren Erarbeitung war man von Beginn an neue Wege gegangen. So waren die Tagungen der Kommission stets öffentlich: Alle Sitzungen wurden gestreamt. In einem Blog legten die einzelnen Kommissionsmitglieder ihre Einschätzung des aktuellen Diskussionsstandes dar. Für Bürger bestand zudem die Möglichkeit, sich auf einer digitalen Beteiligungsplattform einbringen.

Dabei war die Frage der Transparenz auch unter den Gremienmitglieder umstritten. „Absprachen, die Vertraulichkeit erfordern, gilt es irgendwann immer zu treffen – und im Zweifelsfall werden diese dann eben draußen vor der Tür getroffen“, sagte Axel Fischer. Zudem wurden die kleineren Runden der insgesamt zwölf Projektgruppen, die Themen wie Netzneutralität, Urheberrecht oder Verbraucherschutz bearbeiten, nur teilweise öffentlich übertragen – letztlich allein schon aufgrund fehlender Ressourcen.

Keine Impulse beim Urheberrecht

Nichtsdestotrotz sieht die Kommission die eigene Praxis als zukunftsweisend an. So regt der Schlussbericht an, „Bürgerbeteiligung auch in anderen Gremien des Deutschen Bundestages zu gewährleisten“. Dabei war das Interesse der Öffentlichkeit geringer als erwartet. Rund 3500 Bürger beteiligten sich aktiv an den Debatten. „Unserer Ansicht nach sind das sehr gute Zahlen; andere wiederum hatten damit gerechnet, dass sich 50 000 bis 60 000 beteiligen würden“, sagte Axel Fischer.

Der CDU-Politiker formulierte außer derjenigen nach mehr Transparenz noch zwei weitere Forderung: So sei es zum einen wünschenswert, dass der Themenkomplex Internet und digitale Gesellschaft permanent durch einen Hauptausschuss vertreten werde – vergleichbar mit dem, den es zur Umweltpolitik gibt. Zum anderen forderte Fischer die Einsetzung eines Staatsministers, der das Thema bearbeitet.

In dem auch in der breiten Öffentlichkeit diskutierten Thema des Urheberrechts konnte das Gremium indes keine nennenswerten Impulse setzen.