Das Leonhardsviertel hat sich längst zum Lieblingsausgehviertel entwickelt. Nun kommt ein weiterer Grund für eine Nacht am Rande der Altstadt hinzu: Janusch Munkwitz eröffnet am kommenden Freitag das „Weiße Ross“ als Off-Location für die Dauer von sechs Wochen.

Freizeit & Unterhaltung : Ingmar Volkmann (ivo)

Stuttgart - Blaue Buchstaben auf weißem Grund: Das Wirtshausschild „Gaststätte zum Weißen Roß“ ist trotz orthografischer Schwäche – Ross schreibt man mit zwei s – eines der schönsten seiner Art in Stuttgart. Zwischen der Kneipe Immer Beer Herzen und dem Jazzclub Kiste an der Hauptstätter Straße am Rande des Leonhardviertels gelegen, dürften viele Stuttgarter den schönen Altbau mit der Hausnummer 41 kennen – zumindest von außen. Wie es innen aussieht, dürften dagegen die wenigsten wissen.

 

Das dürfte sich ab dem kommenden Freitag, 17. Februar ändern: Ab diesem Tag bespielt Janusch Munkwitz in Kooperation mit der Familienbrauerei Dinkelacker diese Blaupause einer Kaschemme. Sechs Wochen lang will Munkwitz, der in Stuttgart die Bar Paul & George in der Altstadt und das Condesa am Marienplatz betreibt, die ehemalige Pinte in eine hippe Zwischennutzung verwandeln.

Düsterer Kaschemmenlook, der nach jahrelangem Nikotinmissbrauch riecht

Für die sechswöchige Interimsnutzung wird die Kneipe in ihrem momentanen Zustand belassen: Eine dunkle, schwere Holztheke dominiert den kleinen Raum. Es riecht nach jahrelangem Nikotinmissbrauch. „Schöner Wohnen“ wird hier eher keine nachahmenswerten Einrichtungsdetails finden, Freunde einer gepflegten Schräggastro-Einheit kommen dagegen voll auf ihre Kosten.

An einer Stelle des Ladens findet sich Tapete in Stein-Optik auf Tapete in Stein-Optik – doppelt gemoppelt stylt besser. Der Rolladen lässt sich momentan gar nicht öffnen, weil er so lange geschlossen war. Ergänzt wird der düstere Beizen-Look durch die Inneneinrichtung einer Berliner Kneipe, die Munkwitz kürzlich auf Verdacht in der Hauptstadt gekauft hatte. An großen Tischen sollen die Gäste künftig im „Weißen Ross“ ins Gespräch kommen.

Das „Weiße Ross“ transportiert den Spirit der Fangelsbacher-Eck-Zwischennutzung

„Sollten wir die Kneipe doch länger bespielen dürfen als für sechs Wochen, würde ich gerne die Originalsubstanz der alten Gaststätte freilegen“, erklärt Munkwitz und zeigt Details einer wunderschönen Backsteinwand, die hinter einer hässlichen Tapete versteckt ist. Mit der so behutsamen wie stilsicheren Renovierung von Räumen kennt sich der gelernte Architekt aus: Seine Bar Paul & George an der Webergasse 3 war früher Teil eines Laufhauses, heute wirkt der Raum wie aus einer längst vergessenen Jazz-Ära. Ob das „Weiße Ross“ während der Interimsnutzung seinen Namen behalten wird, ist noch nicht sicher. Munkwitz spielt mit dem Gedanken, die Off-Location „White Horse“ zu nennen, um inhaltlichen Bezug zum englischen Namen seiner Bar Paul & Georg zu nehmen, die sich direkt um die Ecke befindet.

Thematisch ist das „Weiße Ross“ allerdings meilenweit vom anspruchsvollen Paul & George entfernt. Der Laden transportiert eher den Spirit der legendären Zwischennutzung am Fangelsbacher Eck, die ebenfalls von Munkwitz betrieben worden war. Am Fangelsbacher Eck wurden zwei Pinten nebeneinander von Janusch Munkwitz temporär bespielt, ehe an dieser Stelle der halbe Häuserblock abgerissen wurde.

Das beliebte Café Condesa am Marienplatz war ursprünglich übrigens auch nur als temporäre Lösung geplant. Den Immobilienbesitzern gefiel das Konzept dann aber so gut, dass aus der Zwischenlösung eine sehr langfristige Variante wurde. Wer weiß: Vielleicht wiederholt sich diese Geschichte ja demnächst an der Hauptstätter Straße.