Nach dem Altenheim-Skandal rund um Oberbürgermeister Hermann-Josef Pelgrim verabschiedet Schwäbisch Hall eine Richtlinie zu Ethik und Transparenz. Doch das Verhältnis mancher Räte zum OB bleibt gespannt.

Schwäbisch Hall - Wer für eine Stadt im Aufsichtsrat einer städtischen Tochtergesellschaft sitzt, darf weder beratend noch entscheidend mitwirken, wenn die Entscheidung einer Angelegenheit ihm selbst oder einem nahen Verwandten einen unmittelbaren Vorteil bringen kann. So lautet sinngemäß Paragraf 18 „Ausschluss wegen Befangenheit“ in der baden-württembergischen Gemeindeordnung. Dessen Inhalt entspricht auch dem Gerechtigkeitssinn der Bürger. Doch die Ereignisse in Schwäbisch Hall haben gezeigt, dass dies nicht selbstverständlich ist und offenbar besonderer Regeln bedarf.

 

Durch eine Pflichtveröffentlichung im Handelsregister war im Januar eine nicht öffentliche Transaktion bekannt geworden. Die städtische Grundstücks- und Wohnungsbaugesellschaft (GWG) hatte das Altenpflegeheim Sonnengarten an die Ehefrau des Haller Oberbürgermeisters Hermann-Josef Pelgrim (SPD) verkauft. Rund fünf Millionen Euro soll Michaele Schick-Pelgrim für die Immobilie gezahlt haben. Der GWG-Aufsichtsratsvorsitzende war und ist aber der Oberbürgermeister, der an den entscheidenden Abstimmungen, die den Verkauf betafen, teilgenommen hatte. Auf Antrag der Mehrheit des Gemeinderats erklärte das Regierungspräsidium Stuttgart das Stadtoberhaupt im Nachhinein für befangen.

SPD-Fraktinsvorsitzender: OB war sich der Brisanz bewusst

Für den SPD-Fraktionsvorsitzenden Helmut Kaiser gilt nach wie vor, dass sich der Oberbürgermeister der Brisanz seiner Position bewusst gewesen sei und die Räte nicht über eine mögliche Befangenheit informiert habe. Die Frage laute: „Wie können wir so etwas künftig verhindern?“ Mit seiner Fraktion, der CDU und den Grünen hat die Verwaltung nun erstmals eine Richtlinie für privatrechtliche Beteiligungen erarbeitet. Denn dabei wird viel Geld bewegt: „Der Haushalt der städtischen Töchter hat das dreifache Volumen des Haushalts der Stadt“, unterstrich der CDU-Fraktionsvorsitzende Ludger Graf von Westerholt.

Im Kern sind in der Richtlinie Grundsätze für Transparenz und Ethik festgehalten, es geht um Themen wie Befangenheit, Wertgrenzen und gute Unternehmensführung. Bei Zuwiderhandlung können Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden. Nun ist die Verlagerung städtischer Aufgaben in Töchtergesellschaften freilich keine Haller Spezialität. Wie sieht es also in anderen Kommunen aus? Dem baden-württembergischen Städtetag ist dazu „nichts bekannt“.

Kann das Vorbild Schwäbisch Hall Schule machen?

Doch vielleicht macht jetzt das Haller Vorbild Schule. Der Skandal wirkt in der Beziehung mancher Räte zum Haller Stadtoberhaupt nach. Die Grünen forderten eine Verschärfung dahingehend, den von Paragraf 18 betroffenen Personenkreis bei Geschäften, die nicht öffentlich zustande kommen, generell auszuschließen. Pelgrim argumentierte, das verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz. Da platzte Monika Jörg-Unfried der Kragen: „Der Gleichheitsgrundsatz, gemeint ist Artikel 3 des Grundgesetzes, kann hier gar keine Anwendung finden“, gab sie Pelgrim Nachhilfe, das Grundgesetz betreffe nur die Rechte Einzelner gegenüber staatlichen Organen.

Für ein rein privatrechtliches Unternehmen wie die GWG gelten das GmbH-Gesetz und das Bürgerliche Gesetzbuch. „Wenn man aber Ihrer Argumentation folgen würde, dann wäre gegen einen derartigen Gleichheitsgrundsatz verstoßen worden, als man ein interessantes Objekt mit guter Rendite nur sieben ausgewählten Interessenten angeboten hat.“ Die SPD-Rätin ist übrigens Juristin.