Die Präsidentin des russischen Oberhauses fordert strenge Strafen für jene US-Ersatzeltern, die ihre russischen Pfleglinge misshandeln. In den Staaten sind neue Misshandlungsfälle bekannt geworden. In Russland kocht die Volksseele.

Moskau - Der russische Senat dringt auf die Rückführung aller russischen Kinder, die von Pflegeeltern in den USA adoptiert wurden. Die Präsidentin des Oberhauses fordert außerdem strenge Strafen für jene US-Ersatzeltern, die ihre russischen Pfleglinge misshandeln. Mit einer Häufung von Misshandlungen und Todesfällen war schon das Adoptionsverbot für russische Kinder begründet worden, das am 1. Januar in Kraft trat. Damit reagierte Moskau auf Sanktionen gegen russische Menschenrechtssünder, die der US-Kongress in Washington im November beschlossen hat. Seit dem Ende der Sowjetunion 1991 fanden rund 60 000 russische Waisen in den USA eine neue Familie.

 

Erneut angeheizt hat die Debatte jetzt der Tod des dreijährigen Maxim Kusmin im US-Bundesstaat Texas. Auf das Ergebnis der Untersuchungen dort will die Ermittlungsbehörde bei der russischen Generalstaatsanwaltschaft nicht warten. Sie leitete am Mittwoch ein eigenes Verfahren ein, ihr Chef Alexander Bastrykin kündigte am Donnerstag an, alle Amerikaner, die am Tod adoptierter russischer Kinder schuldig sind, würden in Russland strafrechtlich zur Verantwortung gezogen.

Warnung vor Gefahren

Fast zeitgleich warnte der Beauftragte für Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit des russischen Außenministeriums, Konstantin Dolgow, vor psychischen Schäden für russische Kinder, die von gleichgeschlechtlichen Paaren adoptiert wurden. Anlass war der Fall Jegor Schatabalow. Dessen US-Pflegemutter hatte dem russischen Gericht bei der Adoption verschwiegen, dass sie mit einer Frau zusammenlebt. 2009 trennten sich die beiden Lesben und prozessieren seither um das Sorgerecht. Dadurch, so schreibt der Diplomat in einem Kommentar, der auf der Website des Außenamts steht, sei das Kind „in die Klärung moralisch und sittlich recht zweifelhafter Beziehungen“ hineingezogen worden. Um Jegor sei eine „nicht akzeptable Situation entstanden, die seiner psychischen Gesundheit schadet“.

Außenamtssprecher Alexander Lukaschewitsch hatte schon im Januar mit Blick auf die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften in Großbritannien und Frankreich gewarnt, „ja“ zur Schwulenehe bedeute „nein“ für die Adoptionen russischer Kinder. Viele Abgeordnete aller Parteien sehen das ähnlich und würden Ausländern am liebsten generell die Adoption untersagen. Doch Präsident Putin ist dagegen. Nur in den USA, wo Moskau die Lebensverhältnisse adoptierter Kinder nicht kontrollieren dürfe, gäbe es Probleme, sagte der Sprecher des Kremlchefs.

Langfristig will Russland die Kinderheime abschaffen und Waisen prinzipiell nur noch in Familien unterbringen. Das dürfte allerdings dauern. Denn von derzeit mehr als 600 000 Heimkindern fand 2012 nur jedes zehnte eine Familie in Russland.