Die Polizei testet in Stuttgart und in Karlsruhe von Oktober an die Software Precobs. Das Programm berechnet die Wahrscheinlichkeit von Einbrüchen in einer Gegend, in der bereits Fälle registriert wurden.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Die Polizei setzt in der dunklen Jahreszeit versuchsweise auf eine neue Methode, um der seit Jahren steigenden Zahl von Einbrüchen Herr zu werden. Von November an bekommen Stuttgart und Karlsruhe das Programm Precobs zunächst für sechs Monate, das bestätigte ein Sprecher des Innenministeriums.

 

Wie so vieles, was in der Kriminalistik neu ist, kommt auch diese Methode aus den USA. „Predictive Policing“ heißt das Zauberwort, also Polizeiarbeit auf der Grundlage von Vorhersagen. Das Programm Precobs schreibt sich trotz der amerikanischen Wurzeln der Methode nicht wie „Cop“ (Amerikanisch für Polizist), denn es steht als Abkürzung für Precrime Observation System. Den Ansatz des „Predictive Policing“ weiterzuentwickeln ist Teil des Sieben-Punkte-Plans zur Bekämpfung der Einbruchskriminalität, welchen der Innenminister Reinhold Gall (SPD) und sein bayerischer Amtskollege Joachim Herrmann (CSU) Ende Juli mit einem Kooperationsvertrag besiegelten.

Erfahrungswerte der Polizei werden hochgerechnet

Das Programm bedient sich eines Erfahrungswerts der Polizei. „Near repeats“ nennt man in der Theorie den Wert, der dem Konzept zugrunde liegt. Der Volksmund kennt dies: Der Täter kehrt immer an den Tatort zurück, heißt schließlich eine Fernsehkrimiweisheit. Das hat einen ernsten wissenschaftlichen Hintergrund. Einbrüche geschehen innerhalb eines Radius von 300 bis 500 Metern und innerhalb von sieben Tagen. Aus einfachen Gründen: Die Täter kennen dann die Gegend bereits, haben weitere Häuser ausgekundschaftet und fühlen sich sicher, da es ja schon einmal geklappt hat in der Nachbarschaft.

Das Programm macht im Prinzip nichts weiter, als auf Grundlage der Erkenntnis der „near repeats“ zu errechnen, wo aller Wahrscheinlichkeit weitere Einbrüche geschehen werden. Die Polizei kann diese Daten hinzuziehen, um zum Beispiel zu planen, in welchen Wohngebieten zusätzliche Streifen eingesetzt werden sollen.

Testbetrieb bei der Polizei in Stuttgart und Karlsruhe

In Bayern haben bereits Nürnberg und München das Programm getestet. Die Polizeipräsidien beschlossen nach der Probephase, die Software weiterhin zu benutzen. In der Zeit nach der Einführung seien in beiden Städten die Einbruchszahlen zurückgegangen. In Zürich, wo der Test schon früher lief, spricht man von einem Rückgang um 14 Prozent, in besonders überwachten Gebieten gar um 30 Prozent. Dabei betont ein Pressesprecher der Nürnberger Polizei, dass man den Rückgang nicht allein und direkt auf das Programm zurückführen könne. Es handele sich bei den von Precobs gelieferten Daten lediglich um eine Ergänzung des Lagebildes, das die Polizei ohnehin erstelle. In München ist man hingegen überzeugt, dass der digitale Freund und Helfer eindeutig etwas mit dem Rückgang der Einbrüche seit Jahresbeginn zu tun hat: „Im Frühjahr haben wir bei 100 Precobs-Alarmen in 19 Fällen Einbrecher festgenommen“, sagt ein Polizeisprecher. Natürlich würde man sich nicht nur auf das Programm verlassen, es bei der Streifendienstplanung aber berücksichtigen. „In ein paar Fällen waren wir da, als jemand einbrechen wollte, weil Precobs einen Alarm anzeigte.“

Wie im Nachbarland soll auch in Baden-Württemberg nach dem sechs Monate dauernden Probebetrieb eine Evaluation erfolgen. Diese Auswertung soll das Max-Planck-Institut vornehmen.