Große Klassen und hohe Arbeitsbelastung machen den Lehrern zu schaffen. Doch in einer Umfrage sehen die Pädagogen des Landes den Umgang mit den Eltern als ein größeres Problem an.

Stuttgart - Eltern sind für viele baden-württembergische Lehrer ein größeres Problem als zu große Klassen oder die Ausstattung der Schulgebäude. Bei einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) antworteten 15 Prozent der Teilnehmer auf die offene Frage, was die größten Probleme an ihrer Schule seien: „Eltern der Schüler“. 14 Prozent klagten über die mangelhafte Ausstattung und zehn Prozent kritisierten, dass die Klassen zu groß seien. Zeitmangel und Arbeitsbelastung rangieren mit 16 Prozent nur knapp vor den Eltern. Es waren mehrere Antworten möglich.

 

Zu große Erwartungen der Eltern

Das Verhältnis der Lehrer zu den Eltern stimmt Gerhard Brand, den Vorsitzenden des VBE in Baden-Württemberg, „mehr als nachdenklich“. Er warnt die Politik davor, bei den Eltern zu große Erwartungen zu wecken. „Die Schule kann nicht alles regeln“, betonte Brand. Dessen müssten sich Eltern bewusst sein. Ansonsten stelle sich bei ihnen wie bei den Schülern Enttäuschung ein. Diese schlage sich „in erhöhter Gewaltbereitschaft gegen Lehrer nieder“, warnte Brand und erinnerte an die Veröffentlichung des ersten Teils der Studie Ende 2016. Damals hatten 53 Prozent der befragten Lehrer aus dem Land von psychischer Gewalt von Eltern in Form von Bedrohungen, Beleidigungen oder Beschimpfungen berichtet. 13 Prozent waren körperliche Übergriffe von Schülern oder Eltern bekannt.

Der VBE erneuerte seine Forderung nach mehr Schulsozialarbeitern und mehr multiprofessionellen Teams in den Klassenzimmern. Schulpsychologen, Sonderpädagogen und Sozialarbeiter könnten das Verhalten der Schüler „in positivere Bahnen lenken“, sagte Brand. Jeweils zwölf Prozent der Befragten hatten den Lernwillen und die Disziplin der Schüler beanstandet sowie Verhaltensauffälligkeiten moniert. Sechs Prozent der Lehrer sehen im allgemeinen Verhalten der Schüler ein Problem. Komplizierter als die Zusammenarbeit mit den Eltern, ist für die Lehrer der Umgang mit den Behörden. Diesen finden 19 Prozent der Befragten problematisch.

Inklusion und Integration ganz oben auf der Sorgenliste

Das größte Kopfzerbrechen bereitet den Lehrern im Südwesten aber die Umsetzung von Inklusion und Integration. Diese Aufgaben stehen mit 29 Prozent ganz oben auf ihrer Sorgenliste. Mehr als jeder Fünfte (22 Prozent) klagt über den Lehrermangel und mit dem Schulgebäude sind 18 Prozent nicht zufrieden. Brand bedauert jetzt, „Anforderungen und Ausstattung stehen in keinem guten Verhältnis“. Die Ergebnisse sieht er als Hausaufgabe an Susanne Eisenmann, die jetzt auch Vorsitzende der Kultusministerkonferenz ist. Sie übernehme die Präsidentschaft „in einer bewegten Zeit“, sagte der VBE-Landesvorsitzende. Er hoffe, Eisenmann werde die aufgezeigten Probleme „beherzt angehen“.