Die Landesregierung will mehr Strom aus Wind gewinnen. Doch wohin mit den Windrädern? Der neue Gesetzentwurf der Landesregierung wird jedenfalls abgelehnt.

Baden-Württemberg: Heinz Siebold (sie)

Stuttgart - Die neue Landesregierung will mehr Strom aus Wind gewinnen - rund 1000 Anlagen sollen die Stromerzeugung aus dieser erneuerbaren Energie bis zum Jahr 2020 von unter einem auf zehn Prozent des Bedarfs steigern. Windkraft war bisher in Baden-Württemberg Stiefkind bei der Energiewende. Insbesondere im Schwarzwald wurde der Kampf gegen die "Verspargelung" der Höhenlagen mit missionarischem Eifer von der CDU-Landesregierung Erwin Teufels (CDU) bekämpft. Im Vergleich zu anderen Bundesländern ist Baden-Württemberg Schlusslicht, obwohl es genügend windhöffige - also windträchtige - Standorte gibt.

 

Bisher galt die sogenannte "Schwarz-Weiss-Planung" des Landesplanungsrechts - es durften nur Vorrang- oder Ausschlussgebiete ausgewiesen werden. Die Planungshoheit der Kommunen wurde von der Regierung Teufel 2003 auf die Regionalverbände übertragen mit dem Ergebnis, dass massiv von Einschränkungen Gebrauch gemacht wurde. "Das mag auf andere zutreffen, auf unseren Regionalverband nicht", wehrt der Vorsitzende des Regionalverbandes Südlicher Oberrhein solche Kritik ab. "Wir sind keine Windblockierer", insistiert Otto Neideck, Erster Bürgermeister von Freiburg und CDU-Mitglied. Tatsächlich hat der Verband bereits 2006 ein Windkapitel aufgelegt und im Rahmen der vom Land begrenzten Möglichkeiten 13 Standorte ausgewiesen und im letzten Jahr sechs "Premiumsuchgebiete".

Vermutlich deshalb reagiert der Verband jetzt so empfindlich auf den Gesetzentwurf der Landesregierung, die den Regionalverbänden insgesamt das Recht nimmt, künftig "Ausschlussgebiete" festzulegen. Stattdessen sollen nur Vorranggebiete ausgewiesen werden und die Gemeinden selbst dürfen eigenständig planen, so dass "ein gesunder Wettbewerb" einkehren soll, wie Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) kürzlich in Freiburg erklärt hat. Für die CDU-Fraktion im Regionalverband ist das nach den Worten von Klaus-Peter Mungenast aus Kappelrodeck (Ortenaukreis) "töricht, undemokratisch und unpraktikabel". Die kleinen Gemeinden, assistiert der Emmendinger Landrat Hanno Hurth, hätten "nicht die Kompetenz", die schwierige Materie selbst zu meistern.

Verschandelung des Schwarzwaldes?

Alles "Krokodilstränen" polterte dagegen der Waldkircher Oberbürgermeister Richard Leibinger (SPD), die Kommunen wüssten selbst am besten, wo Windräder auf ihren Gemarkungen stehen sollten. Gleichwohl findet auch die SPD, dass die bisherige planerische Vorarbeit des südbadischen Verbandes nicht für die Katz sei, sie solle "überführt werden". Statt Ausschlussgebieten solle es künftig "Vorbehaltsgebiete" geben und die Planungsinstanz Regionalverband könne den Gemeinden helfen, die Vorbehalte auszuräumen.

Das könnten die alleine, glaubt die Fraktion der Grünen, die als einzige vorbehaltlos hinter dem Gesetzentwurf ihres Umweltministers steht. "Wenn es so weitergeht wie bisher", mutmaßt Fraktionssprecher Eckard Friebis, Grünen-Gemeinderat in Freiburg, "dauert es noch Jahre". Also viel zu lang, der Regionalverband solle sich einfach konstruktiv einbringen und dann steuernd eingreifen, wenn es tatsächlich zu Auswüchsen käme, vorauseilende Befürchtungen hält der Grüne für "Hirngespinste". Sein Umweltminister hatte in Freiburg "Horrorszenarien" einer angeblichen Verschandelung des Schwarzwaldes als "Märchengeschichten" bezeichnet, die "aufgebauscht werden".

Nach engagierter Debatte hat der Planungsausschuss des Regionalverbandes die Stellungnahme zum Landesplanungsgesetzentwurf entschärft. Die ursprünglich in der Tischvorlage der Verwaltung angedrohte Zurückhaltung - man wolle "bis auf Weiteres" keine Vorranggebiete mehr ausweisen - wurde einkassiert. Mit knapper Mehrheit wurde der Regierungsentwurf als "nicht zielführend" abgelehnt.

Gleichwohl betonte der Ausschuss einstimmig, dass er das Ziel der Landesregierung unterstützt, bis 2020 mindestens zehn Prozent des Strombedarfs aus einheimischer Windenergie zu decken. Der Regionalverband solle als regionale Planungsebene erhalten und nach wie vor Vorrang-, Vorbehalts- und Ausschlussgebiete ausweisen können, bisher schon geleistete Vorarbeiten dürften nicht ungenutzt bleiben.

Regionale Planung

Regionalverband Regionalverbände haben die Aufgabe, die Regionalplanung nach dem Landesplanungsgesetz umzusetzen. In Baden-Württemberg wurden 1973 zwölf Regionalverbände eingerichtet.

Organisation Die Regionalverbände haben jeweils eine Verbandsversammlung oder eine Regionalversammlung und einen Verbandsvorsitzenden oder Regionaldirektor, der von den Versammlungen gewählt wird. Die Mitglieder der Verbandsversammlung werden von den Kreistagen und Landräten der Landkreise oder von den Gemeinderäten und Oberbürgermeistern der Stadtkreise gewählt.