Die Balinger CDU-Abgeordnete Nicole Hoffmeister-Kraut ist die Überraschung in der neuen Landesregierung. Ein Porträt der neuen Wirtschaftsministerin im Land.

Stuttgart - Anfang März, eine Turnhalle im Balinger Ortsteil Frommern. Der CDU-Landeschef Thomas Strobl absolviert einen Wahlkampfauftritt, leiert die üblichen Dinge herunter. Vor Ort in Erinnerung bleibt seine Begeisterung für die Kandidatin. Er wünsche sich, sagt Strobl, in der CDU mehr Frauen wie Nicole Hoffmeister-Kraut. Mutter, Kommunalpolitikerin, Kauffrau mit Doktortitel – so eine wie sie brauche die neue CDU-Landtagsfraktion unbedingt.

 

Dann sagte Strobl noch einen Satz, der der Kandidatin in diesem Moment, wie sie später einmal meinte, eher peinlich war. Nicole Hoffmeister-Kraut, sagte Strobl, müsse das beste Ergebnis aller Kandidatinnen in Baden-Württemberg erreichen, „dann geht sie in Stuttgart ab wie eine Rakete“. Dass mehr Frauen verantwortliche Positionen übernehmen sollen, hatten CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf und Landeschef Strobl im Wahlkampf regelmäßig betont. Genau so kommt es nun für die 43-Jährige, die mit ihrem Mann Thomas Hoffmeister drei Töchter hat. Ihre Berufung zur neuen Wirtschaftsministerin, die zudem mit den Bereichen Wohnungsbau und Arbeit ein deutlich gestärktes Ressort übernimmt, ist angesichts ihrer bisherigen politischen Erfahrung eine faustdicke Überraschung. Und zugleich ein klares Signal der Erneuerung.

Im Wahlkampf hat sie mit der Bundeskanzlerin ein Selfie geschossen

Mitglied der CDU ist Hoffmeister-Kraut seit 2009; seit diesem Jahr gehört sie auch dem Balinger Gemeinderat an. 2014 wurde sie zudem in den Kreistag des Zollernalbkreises gewählt. Schon ihre Nominierung als CDU-Kandidatin im Wahlkreis Balingen war eine Überraschung. Gesucht wurde der Nachfolger von Günther-Martin Pauli, der nach 15 Jahren als Abgeordneter in Stuttgart nicht mehr antrat, weil er lieber Landrat des Zollernalbkreises sein wollte. Nicole Hoffmeister-Kraut setzte sich im Sommer 2015 als Bewerberin gegen zwei erfahrene Konkurrenten durch, die der CDU lange Jahre gedient hatten.

Der Partei schien das Direktmandat eigentlich sicher – den Wahlkreis für sich gewonnen hat Hoffmeiser-Kraut indes nur mit hauchdünnem Vorsprung von etwas mehr als 300 Stimmen vor dem Grünen-Kandidaten. Vor allem nach einem engagierten Wahlkampf mit dem Höhepunkt im kleinen Städtchen Haigerloch: Am Samstag vor dem Wahlsonntag kam Bundeskanzlerin Angela Merkel dorthin. Nicole Hoffmeister-Kraut schnappte sich die CDU-Chefin auf der Bühne für ein Selfie.

Der Vorteil: sie verströmt keinen „Stallgeruch“ und ist unbelastet von internen Querelen

In Gesprächen mit CDU-Leuten im Zollernalbkreis nach der Wahl wurde deutlich, dass viele der neu in den Landtag gewählten Hoffmeister-Kraut einiges zutrauten. Oft wurde in den vergangenen Wochen betont, einer ihrer Vorzüge sei gerade, dass sie neu dabei sei, noch keinen „Stallgeruch“ verströme und zudem völlig unbelastet von CDU-internen Querelen an die Arbeit gehen könne. Zudem wurde oft ihre „starke Persönlichkeit“ und ihre gewinnende Art im Umgang mit Menschen hervorgehoben. Neben ihren lokalpolitischen Mandaten ist sie stark ehrenamtlich engagiert; in Schulfördervereinen ebenso wie in der Psychiatriestiftung und in der evangelischen Gemeinde.

Ein weiterer Pluspunkt, der nun bei der Berufung Hoffmeister-Krauts zum Tragen gekommen ist: Sie ist eine Wirtschaftsfachfrau, nicht nur aufgrund ihres Studiums sowie ihrer beruflichen Tätigkeiten für das international agierendes Beratungsunternehmen Ernst & Young in London. Wirtschaftsaffin ist Nicole Hoffmeister-Kraut schon von Haus aus: Sie ist Tochter der Balinger Familie Kraut, Eigentümerin des Unternehmens Bizerba, einem weltweit führenden Hersteller von Wäge-, Schneide- und Etikettier-Systemen. Zusammen mit ihrem Bruder Andreas Wilhelm Kraut und ihrer Schwester Angela leitet Nicole Hoffmeister-Kraut als Mitglied des Bizerba-Aufsichtsrats in fünfter Generation die Geschicke des Familienunternehmens, das sein 150-jähriges Bestehen feiert.

Die Reaktionen aus der Wirtschaft sind positiv

Entsprechend euphorisch fallen die Reaktionen von Vertretern der Wirtschaft aus: Peter Kulitz, Präsident des baden-württembergischen Industrie- und Handelskammertags, sagte am Dienstag, dass Nicole Hoffmeister-Kraut ganz genau wisse, wie Wirtschaft funktioniert. „Für unsere Unternehmen in Baden-Württemberg“, so Kulitz, werde sie „eine starke Stimme in der neuen Regierung sein.“