Die Kammer bezieht am alten Standort an der Jägerstraße ihre neue Zentrale. Da der neue Bau vor an die Straße gerückt ist, konnte der IHK-eigene Weinberg um 2000 Quadratmeter vergrößert werden. Die Mitarbeiter haben den Wengert immer im Blick.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Schon am kommenden Donnerstag werden die ersten Mitarbeiter in die neue Zentrale der Industrie- und Handelskammer (IHK) der Region Stuttgart einziehen; dabei sind überall noch die Maler und Elektriker zugange – doch das Chaos hält sich in Grenzen. Und die Arbeiten liegen im Budget in Höhe von 42 Millionen Euro. Das sei gar nicht so einfach gewesen, sagte Christian Albrings von der Projektleitung Drees & Sommer: „Wegen des Baubooms in Stuttgart war die Nachfrage und deshalb der Preis bei den Handwerkern oft hoch.“

 

Die Architekten Tobias Wulf und Kai Bierich haben den Schwerpunkt des Neubaus im Vergleich zur früheren IHK-Zentrale an gleicher Stelle um 180 Grad verlagert: Während das alte Gebäude den wundervollen Weinbergen den Rücken zudrehte, öffnet sich der Neubau in U-Form dieser Lage. Viele der 250 Mitarbeiter werden in den Pausen sicherlich die große Terrasse nutzen; auch viele Büros schauen in diese Richtung. Da das Gebäude weiter zur Jägerstraße hingerückt ist, konnte die IHK zudem ihren Weinberg um 2000 Quadratmeter vergrößern und hat dort schon Lemberger-Weinstöcke angepflanzt. Der Entwurf des Büros Wulf Architekten hatte nach dem Architektenwettbewerb im Jahr 2009 auf dem zweiten Platz gestanden; in den weiteren Verhandlungen rückte er aber vor. Dabei sollen auch wirtschaftliche Erwägungen eine Rolle gespielt haben. Der IHK war es wichtig gewesen, die Umlage für ihre 160 000 Mitglieder nicht erhöhen zu müssen. „Zweckbau, nicht Prunkbau“, sei deshalb die Devise gewesen, so Wolfgang Kiesel, der Vorsitzende des Bauausschusses der IHK.

Kritik an den Baubehörden der Stadt Stuttgart

Präsident Georg Fichtner kritisierte am Donnerstag bei einer Presseführung die Baubehörden der Stadt Stuttgart: Es habe sehr lange gedauert, bis die Genehmigungen vorgelegen hätten. Hauptgeschäftsführer Andreas Richter macht eine bedeutende personelle Unterbesetzung des Amtes dafür verantwortlich: „Das ist eigentlich verwunderlich für eine Stadt wie Stuttgart, in der Bauen doch ein wichtiges Thema ist.“

Durch den Abriss der alten IHK-Zentrale ist bewusst eine Sichtachse vom Arnulf-Klett-Platz zu den Weinbergen entstanden; darauf habe die Stadt auch viel Wert gelegt, hieß es am Donnerstag. Auch sei das neue Gebäude um ein Stockwerk niedriger als das alte; so soll erstens diese Sichtachse gestärkt werden, zweitens eine Frischluftschneise, über die es lange Debatten gegeben hatte, erhalten bleiben. Andreas Richter forderte nun die Stadt auf, den etwas vernachlässigten Bereich zwischen Arnulf-Klett-Platz und Jägerstraße neu zu ordnen, und zwar mit so niedrigen Gebäuden, dass die genannte Sichtachse erhalten bleibe.

Ein eigenes Büro für Eltern, die ihr Kind mitbringen

Die Fassade der IHK-Zentrale mit ihren 7800 Quadratmetern Nutzfläche ist gegliedert durch schmale, aber 60 Zentimeter tiefe Steinplatten aus Muschelkalk, die dem Gebäude „Plastizität und Identität“ geben sollen, wie Architekt Kai Bierich sagte. Im Inneren überwiegen Holz, Beton und Glas mit ihren natürlichen Materialfarben.Die meisten Mitarbeiter arbeiten in offenen Büros; was man früher Großraumbüros nannte, heißt heute „Open-Space-Bereich“. Ein Zimmer mit Spielecke ist für Mütter oder Väter reserviert, die ihr Kind mit ins Büro bringen müssen, weil kurzfristig die Betreuung ausgefallen ist. Im Erdgeschoss gibt es ein Servicecenter mit 16 Arbeitsplätzen – dieses ist erste Anlaufstelle für die rund 100 000 Menschen, die die IHK jedes Jahr besuchen.