Die grüne Ratsfraktion zeigt alte Reflexe: Die Frauenquote und das Misstrauen gegenüber dem exponierten Fraktionschef machen die Neubesetzung spannend, kommentiert StZ-Redakteur Thomas Braun.

Stuttgart - Der vorzeitige Abtritt des Baubürgermeisters Matthias Hahn (SPD) ist die lang ersehnte Chance für die zweitstärkste Fraktion im Stuttgarter Rathaus, einen zweiten Beigeordneten auf der Bürgermeisterbank zu platzieren. Doch die Grünen wären nicht die Grünen, würden sie nicht schon im Vorfeld der Wahl neben der fachlichen Eignung auch die Frauenquote zum Maßstab bei der Besetzung dieser Position machen.

 

Die drohende Kampfkandidatur zwischen dem Fraktionschef Peter Pätzold und seiner Fraktionskollegin Gabriele Munk zeigt einmal mehr, dass auch bei den Rathausgrünen die Meriten, die sich ihr Führungspersonal teilweise über Jahre hinweg erworben hat, bei Personalentscheidungen wenig wert sind. Der Reflex, allzu exponierten Parteifreunden zu misstrauen, gehört seit Jahren zu den Grünen wie die Sonnenblume im Parteiemblem.

Pätzold gilt zwar als klarer Favorit. Ein Durchmarsch wird es freilich für ihn nicht, obwohl er im Rathaus allseits als kompetenter Gesprächspartner geschätzt wird. Hinzu kommt, dass die SÖS-Linke-Plus – wenn auch verklausuliert – eigene Ansprüche auf einen Bürgermeisterposten formuliert und die Suche nach dem besten Nachfolger Hahns zumindest parteiunabhängig gestalten will. Doch das Drohpotenzial der Fraktionsgemeinschaft ist gering – schließlich haben CDU und SPD signalisiert, das Vorschlagsrecht der Grünen zu akzeptieren. Die bunte Truppe um Hannes Rockenbauch muss sich wohl gedulden, bis der nächste Job an der Rathausspitze frei wird.