Jedes Jahr fragt der Bildungsmonitor, wie die deutschen Schulsysteme vorangekommen sind. Wegen Corona ist die Frage extra spannend.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Stuttgart - Alle Jahre wieder legt das Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln mit dem Bildungsmonitor eine Studie vor, die den Fortschritt der Bundesländer bei der Bildung beleuchtet. Für Baden-Württemberg hat sich auch in diesem Jahr wieder bestätigt, dass Bayern und Sachsen erneut die Spitzenplätze belegen, während der Südwesten nach Hamburg, Thüringen und dem Saarland mit dem sechsten Platz im Länderranking zufrieden sein muss. Bremen stellt, auch das ist seit Jahren unverändert, 2021 das Schlusslicht unter den 16 Bundesländern dar.

 

Stärken und Schwächen im Südwesten

Das liegt im Trend der vergangenen Jahre und ist auch deshalb keine Überraschung, weil die Studie aus Köln sowieso lediglich bereits bekannte Datensammlungen und Untersuchungen auswertet – so gehen etwa Pisa-Daten oder die Erkenntnisse aus den Bildungsstatistiken der Bundesregierung in die Bewertung mit ein.

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Erwartungsgemäß ist Baden-Württemberg mit seiner starken mittelständischen Wirtschaft bei der dualen Berufsausbildung ganz vorne. Die Hochschulabsolventen sind 25,1 Jahre alt, wenn sie ihren ersten Abschluss machen – das ist bundesweit spitze (Durchschnitt 25,9 Jahre). Das hängt auch damit zusammen, dass 76 Prozent der Studienanfänger im Südwesten einen Bachelorstudiengang wählen, während es bundesweit lediglich 71,2 Prozent waren.

Nachholbedarf bei der Ganztagsbetreuung

Bei der Förderinfrastruktur hat das Land zwar im Vergleich zum Vorjahr drei Plätze gut gemacht, die Forscher sehen aber immer noch Nachholbedarf. Nur jeder vierte Drei- bis Sechsjährige im Südwesten wird ganztägig betreut, was Baden-Württemberg in diesem Bereich die rote Laterne einträgt. Ausländische Studienberechtigte schaffen es nur zu 6,2 Prozent an die Universität – bundesweit sind es immerhin 9,2 Prozent. Die Schulabbrecherquote bei ausländischen Jugendlichen liegt bei 15,9 Prozent – bundesweit sind es 17,6 Prozent.

Unzufriedenheit mit Schulen in der Pandemie

Wer gehofft hat, mit dem Bildungsmonitor Auskunft über die Pandemiefolgen für Schülerschaft und Schulen zu bekommen, wird eher enttäuscht sein. Denn da stochern die Kölner Wissenschaftler mangels Datengrundlage ebenso im Nebel wie der Rest der Bildungsforschung. Tatsächlich gibt es Umfragen, die die Unzufriedenheit mit dem pandemiebedingt nur eingeschränkten Unterrichtsangebot belegen – 56 Prozent der Eltern waren laut einer U mfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey nicht mit den Lernangeboten zufrieden. Baden-Württemberg liegt da ziemlich im deutschen Durchschnitt. 6,7 Prozent der Eltern zeigten sich sehr zufrieden (im Bundesdurchschnitt waren es 7,5 Prozent); eher zufrieden waren 23,6 (22,3) Prozent, unentschieden waren 14,3 (14,3) Prozent, eher unzufrieden 26,2 (28,4) Prozent und sehr unzufrieden 29,2 (27,5) Prozent. Bei einer weiteren Befragung erklärten Lehrkräfte, dass 29 Prozent ihrer Schüler gravierende Lernlücken haben, 15,5 Prozentschrieben das sogar „fast allen Schülern“ zu.

Rätseln über Lernlücken

Aber „wie schwerwiegend die Auswirkungen der Coronapandemie und der zu ihrer Eindämmung getroffenen Schutzmaßnahmen im Bildungsbereich tatsächlich sind, lässt sich derzeit noch kaum feststellen“, heißt es in dem aktuellen Bericht. Dazu gibt es zu wenige konkrete Untersuchungen über die entstandenen Lernlücken – die nächste Pisa-Studie wird zum Beispiel erst wieder 2022 erhoben. Zudem waren die regionalen Unterschiede im Pandemiegeschehen in Deutschland zu groß. So hat es zum Beispiel laut den Angaben im Bildungsmonitor von 19. April bis zum 31. Mai dieses Jahres in Baden-Württemberg 29 Tage mit einer Inzidenz über 100 und 18 Tage mit einer Inzidenz jenseits von 165 gegeben, während Schleswig-Holstein keinen Tag über hundert und damit auch keinen Tag über 165 verzeichnen musste. Immerhin sieben Bundesländer hatten im gleichen Zeitraum keinen Tag mit Inzidenzen über 165 (Berlin, Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und das Saarland) – schon allein dieser Zeitabschnitt zeigt, wie unterschiedlich die Pandemie sich entwickelt hat. Zwar führe die Kultusministerkonferenz mittlerweile eine wöchentliche Statistik über das Schulgeschehen in der Pandemie. Sie gebe aber keinen Überblick über das Ausmaß der pandemiebedingten Einschränkungen im Unterricht.

Laut Bildungsmonitor bestand „kein deterministischer Zusammenhang zwischen den Inzidenzraten und der Form des Schulbetriebs, da die Länder hier teilweise eine sehr unterschiedliche Politik verfolgt haben“. Dies gelte sogar für die Zeit nach dem 23. April, in dem die Bundesnotbremse mit einem bundesweiten Präsenzunterrichtsverbot ab einer Inzidenz von 165 und einem Gebot für Wechselunterricht ab einer Inzidenz ab 100 zu beachten war.

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