Der frisch gewählte Bundestag ist größer als je zuvor. Aber ein besseres Spiegelbild der Gesellschaft ist er deshalb nicht.

Politik/Baden-Württemberg: Rainer Pörtner (pö)

Stuttgart - Im Deutschen Bundestag sitzen die Repräsentanten des deutschen Volkes. Aber wie stark spiegelt die personelle Zusammensetzung des gerade frisch gewählten Parlaments die gesellschaftliche Wirklichkeit wider? Ein Überblick.

 

Der Bundestag wird männlicher

Der Bundestag ist so männlich wie seit zwei Jahrzehnten nicht mehr: 218 weiblichen Abgeordneten stehen 491 männliche Abgeordnete gegenüber. Der Frauenanteil sinkt damit von 37,1 Prozent in der vorhergegangenen Wahlperiode auf jetzt 30,7 Prozent. Niedriger war er zuletzt nach der Wahl 1994. Die AfD stellt die mit Abstand männlichste Fraktion. Nur zehn der 93 MdB sind weiblich (11 Prozent). Auch die Liberalen und die Unionsparteien drücken den Frauenanteil. In der FDP-Fraktion sind 18 von 70 Abgeordneten Frauen (26 Prozent). In der CDU/CSU-Fraktion lag der Anteil der weiblichen Abgeordneten 2013 bei einem Viertel, nun wird es nur noch ein Fünftel sein.

Frauen stellen 51 Prozent der bundesdeutschen Gesamtbevölkerung. Auch die SPD-Fraktion bleibt mit 42 Prozent unter diesem Wert, nur die Grünen (58 Prozent) und die Linkspartei (54 Prozent) liegen darüber.

Durchschnittsalter von 49,4 Jahren

In seiner Altersstruktur sieht dieser Bundestag mit insgesamt 709 Abgeordneten ganz ähnlich aus wie seine Vorgänger. Über die vergangenen Legislaturperioden hinweg ist das Parlament im Schnitt älter geworden. 1990 lag das Durchschnittsalter der Abgeordneten bei 48,7 Jahren, seit 1994 pendelt es zwischen 49 und 50 Jahre – und da liegt es mit diesmal 49,4 Jahren wieder.

Jüngster Abgeordneter ist Roman Müller-Böhm. Der 24-Jährige ist bisher Student in Bochum und zieht für die nordrhein-westfälische FDP ins Parlament ein. Ältester MdB ist der 77-jährige AfD-Politiker Wilhelm von Gottberg. Einst war er bei der CDU, Bürgermeister und Vizepräsident des Bunds der Vertriebenen. 2013 trat er der Alternative für Deutschland bei. Würden die alten parlamentarischen Spielregeln noch gelten, hätte von Gottberg als Alterspräsident die konstituierende Sitzung des neuen Bundestags eröffnet und eine Rede halten dürfen. Doch im Juni beschlossen die Fraktionen von Union und SPD noch schnell neue Regeln: Nicht mehr die Lebens-, sondern die parlamentarischen Dienstjahre entscheiden nun über das Amt. Deshalb wird der CDU-Politiker Wolfgang Schäuble (75), der seit 1972 Parlamentarier ist, die erste Sitzung eröffnen.

Viele Doktortitel, wenige Handwerker

Auch der Blick auf die Ausbildung und die Berufe der Abgeordneten zeigt, dass im Bundestag die Bevölkerung nicht 1:1 abgebildet wird. Die Anzahl von Menschen mit Doktortiteln, mit Fachhochschul- oder Hochschulabschluss war im Bundestag schon immer höher als außerhalb des Parlaments, das ist auch diesmal nicht anders. Dasselbe gilt für die Berufsbereiche, die vertreten sind – hier gibt es ein sehr starkes Übergewicht von Abgeordneten, die vorher als Verwaltungsbeamte, Lehrer oder Anwälte gearbeitet haben. Diesmal zählten die Statistiker des Bundeswahlleiters 511 der 709 Abgeordneten in der Rubrik „Recht, Verwaltung, Unternehmensorganisation“ – das sind 72 Prozent. Arbeitslose, Studenten, Handwerker wie Unternehmer sind auch im Bundestag der 19. Legislaturperiode deutlich unterrepräsentiert.