Von der Deutschen Bank an die Spitze der Landesbank Baden-Württemberg: Noch in diesem Jahr soll Rainer Neske die Führung der LBBW übernehmen.

Stuttgart - Überraschend hat der Aufsichtsrat der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) den langjährigen Privatkundenvorstand der Deutschen Bank als neuen Vorstandschef gewonnen. Der 51 Jahre alte Rainer Neske soll noch in diesem Jahr die Führung der größten deutschen Landesbank übernehmen, wie das Institut am Dienstag in Stuttgart mitteilte. Neske werde im Juli Mitglied des Vorstands und übernehme den Vorstandsvorsitz dann zum 1. November. Das hatte der Aufsichtsrat am Dienstag bei einer außerordentlichen Aufsichtsratssitzung entschieden. Regulär trifft sich das Kontrollgremium erst kommende Woche.

 

Der bisherige LBBW-Chef Hans-Jörg Vetter galt als amtsmüde. Er hatte den Aufsichtsrat zuvor informiert, dass er schon in diesem Jahr in den Ruhestand gehen wolle. Der Vertrag des 63-Jährigen läuft eigentlich erst Mitte 2017 aus. Die Sparkassen, die neben dem Land Baden-Württemberg und der Stadt Stuttgart die Eigner der Bank sind, hatten zuletzt signalisiert, dass sie sich über ein längeres Bleiben von Vetter freuen würden. „Wenn er morgen sagt, ich mache noch weiter, wäre ich hocherfreut“, hatte der Präsident des Sparkassenverbandes Baden-Württemberg, Peter Schneider, erst vor zwei Wochen gesagt. Die Frage nach einem Nachfolger stelle sich derzeit aber nicht, betonte Schneider zu dem Zeitpunkt noch.

Sparkassen mit der Wahl zufrieden

Mit der Wahl Neskes sind die Sparkassen aber zufrieden. Er sei einer der „profiliertesten Bankmanager der deutschen Kreditwirtschaft“. „Gleichzeitig ist er ein ausgewiesener Experte vor allem für das Kundengeschäft“, sagte Sparkassenpräsident Schneider am Dienstag. Das sei im Auswahlprozess sehr wichtig gewesen. Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) nannte Neske „einen exzellenten Nachfolger für Herrn Vetter“. „Das zeigt auch, dass die Träger der LBBW gut zusammen arbeiten“, so der Wirtschaftsminister. Die Stadt als dritter Träger wollte sich auf Nachfrage nicht zu der Personalie äußern.

Vetter hatte die Führung der schwer gebeutelten Landesbank 2009 in der Finanzkrise übernommen und das Institut saniert. Die Eigner - das Land Baden-Württemberg, die Sparkassen im Südwesten und die Stadt Stuttgart - hatten die LBBW 2009 mit einer Kapitalspritze von fünf Milliarden Euro gestützt und Bürgschaften von 12,7 Milliarden Euro zugeschossen. Als Auflage für die Hilfen hatte die EU der Bank eine Schrumpfkur und einen strengen Sparkurs verordnet. Inzwischen ist die Bank wieder auf Kurs. Ein Teil der Staatshilfen ist zurückgegeben, für 2014 zahlte die LBBW wieder eine Dividende. In den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres konnte die Bank ihr Ergebnis leicht steigern. Die Jahresbilanz will das Institut demnächst vorlegen.

Mehr Selbstbedienung, weniger Service

Neskes Aufgabe dürfte es nun sein, die Bank in die nächste Phase zu führen. „Uns ging es darum, mit einer erfahrenen und hoch angesehenen Persönlichkeit die Nachfolge von Herrn Vetter angemessen zu regeln und den derzeitigen konsequent auf Kundenbedürfnisse ausgerichteten Weg der Bank fortzusetzen“, sagte Aufsichtsratschef Christian Brand.

Die LBBW hatte jüngst allerdings die Verkleinerung ihres Filialnetzes bei der BW-Bank angekündigt. Nur noch in 130 der zuletzt 168 Filialen wolle man noch Beratung anbieten. Dagegen soll die Zahl der Selbstbedienungsstandorte, an denen nur Automaten stehen, von 60 auf 85 steigen. Derzeit hat die BW-Bank 2000 Mitarbeiter in ihrem Filialnetz. Wie viele Jobs wegfallen, ist unklar.

Neske, der als langjähriger Privatkundenchef der Deutschen Bank im vergangenen Mai im Streit um den künftigen Kurs beim Branchenprimus hinwarf, war im vergangenen Jahr auch als möglicher Nachfolger von Commerzbank-Chef Martin Blessing gehandelt worden.