Politisches Gerangel um den Chefposten der Landesmedienbehörde: weil die SPD mitreden darf, bekamen weder die Grünen noch die CDU ihre Favoriten durch. Ein Beamter aus der Staatskanzlei gewann, die Ehefrau von Wieland Backes wurde Zweite.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Zum Abschied gibt es noch einmal einen großen Bahnhof für den Präsidenten Thomas Langheinrich und seine Vorstandskollegen von der Landesanstalt für Kommunikation (LfK). Der EU-Kommissar Günther Oettinger kommt nach Stuttgart, um über „Europäische Werte und die Rolle der Medien“ zu referieren – ein hochaktuelles Thema. Fast zeitgleich mit Oettingers Amtsantritt als Ministerpräsident war Langheinrich (64) im Jahr 2005 Chef der Medienbehörde geworden, nach zwei Perioden durfte der Jurist und einstige Vizeregierungssprecher nun nicht mehr kandidieren. Viele lobende Worte sind ihm bei dem Festakt am Freitag gewiss.

 

Seine Nachfolge ist bereits geregelt, von der Öffentlichkeit aber bisher kaum beachtet. Anfang März kürte der Landtag einen Beamten aus dem Staatsministerium zum neuen LfK-Präsidenten: Wolfgang Kreißig, promovierter Jurist und Leiter des Medienreferats, früher Richter und Staatsanwalt. In der Sportwelt kennt man den 1,96-Meter-Mann noch als Hochspringer, der zweimal deutscher Meister und Olympiateilnehmer war. Die Hürde bei der Wahl durchs Parlament, wo eine Zweidrittelmehrheit verlangt wird, bewältigte er problemlos: mit 108 Stimmen von Grünen, CDU, SPD und FDP wurde er parteiübergreifend bestätigt.

Die Grünen wollten erstmals eine Präsidentin

So klar das Ergebnis am Ende ausfiel, so heftig war zuvor zwischen den Parteien um die Personalie gerungen worden; nur die AfD blieb mal wieder außen vor. Per Stellenanzeige war im vorigen Sommer nach einem neuen Chef für die Behörde gesucht worden, die „in einer im ständigen Wandel befindlichen Medienlandschaft“ agiere. Er oder sie solle frische Ideen entwickeln, um die privaten Rundfunk- und Fernsehanbieter voranzubringen und generell die Medienkompetenz zu fördern. Notwendig dafür sei die Befähigung zum höheren allgemeinen Verwaltungsdienst – eine formale Voraussetzung, die zunehmend kritisch gesehen wird. Erfahrenen Medienpraktikern oder -politikern, die kein zweites Staatsexamen haben, bleibt das Amt dadurch versperrt. „Frauen“, hieß es am Ende derAnnonce, „werden ausdrücklich zur Bewerbung aufgefordert.“

Das war mehr als die übliche Floskel. Die Grünen hätten gerne eine Frau – es wäre die erste – an der Spitze der LfK gesehen: Bettina Backes, versierte Medienanwältin, schon bisher stellvertretendes Vorstandsmitglied und Ehefrau des Kultmoderators Wieland Backes. Im Gespräch war zwar auch der frühere Kunststaatssekretär Jürgen Walter, der für neue Aufgaben offen ist, doch Backes wurde von den Grünen-Strategen ausdrücklich zur Bewerbung ermuntert. Sie ist Mitglied der Partei und saß für sie Mitte der neunziger Jahre kurz im Stuttgarter Gemeinderat.

CDU setzt auf Jurist aus Kanzleramt

Aber auch die CDU hatte einen der Ihren im Blick: Wolfgang Wohnhaas, einen Juristen aus dem Kreis Göppingen, der seit Langem im Kanzleramt mit Medienthemen befasst ist. Als enger Mitarbeiter der für Kultur und Medien zuständigen Staatsministerin Monika Grütters (CDU) koordiniert er die länderübergreifende Zusammenarbeit im Medienbereich. Also bewarb sich auch Wohnhaas, ebenso wie der parteilose Referatsleiter Kreißig. Alle drei Kandidaten seien höchst respektabel, befanden Branchenkenner, jeder gäbe einen guten LfK-Chef ab. Drei weitere Aspiranten, die sich auf die Annonce hin gemeldet hatten, spielten hingegen keine Rolle. Ohne politische Unterstützung sind die Chancen denkbar gering. Grüne und CDU zusammen kommen indes noch nicht auf eine Zweidrittelmehrheit. So fiel der SPD der Part des Königsmachers zu.

Weder für Backes noch für Wohnhaas konnten sich die Genossen allerdings so recht erwärmen. Womöglich, hieß es, übten sie nun Revanche dafür, dass Grün-Schwarz unlängst einen SPD-Mann an der Spitze der Wirtschaftsfördergesellschaft BWI abserviert hatte. Doch solches Kalkül weist der Vizefraktionschef Sascha Binder weit von sich. Man habe sich „für den besten Bewerber“ entschieden, sagt Binder, und da habe Kreißig eben vorne gelegen. Auch in Regierungskreisen hieß es, sein bisheriges Wirken im Medienbereich sei einfach überzeugend gewesen.

Bettina Backes wird Stellvertreterin

Die Grünen-Favoritin Backes wurde übrigens zur ehrenamtlichen stellvertretenden LfV-Vorstandsvorsitzenden gewählt. Sie freue sich über diese Ehre, sagte sie unserer Zeitung, und auf die Zusammenarbeit mit dem neuen Präsidenten, „den ich persönlich wie fachlich sehr schätze“. Hauptberuflich setzt die Anwältin ihre Karriere inzwischen anderweitig fort: Sie wechselte gerade in eine renommierte Stuttgarter Kanzlei.